Essen. Corona-Regeln haben auch die saisonale Grippe eindämmt. Darauf wollen sich Krankenkassen nicht ausruhen. Ein Projekt soll die Impfrate erhöhen.

An sie haben sich die ersten Angebote zum aktiven Schutz gegen das grassierende Coronavirus gerichtet: Mehr als 83 Prozent der Menschen in NRW, die 60 Jahre und älter sind, verfügen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bereits über den kompletten Covid-Impfschutz, 89 Prozent sind mindestens einmal geimpft. Diese vergleichsweise hohe Impfbereitschaft könnte nun einem Pilotprojekt in NRW Vorschub leisten, mit dem diese Altersgruppe von anderen Schutzimpfungen überzeugt werden soll.

Im August ist das Vorhaben gestartet, mit dem der Verband der Ersatzkassen(VDEK) die Quoten für Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken erhöhen wollen. Trotz des derzeit vorherrschenden Themas Coronaimpfung dürften andere Schutzimpfungen nicht aus dem Blickfeld geraten, mahnte VDEK-Vize Jörg Meyers-Middendorf. Bei der Influenza liege die Impfquote der über 60-Jährigen nur noch bei rund 35 Prozent. „Insbesondere für ältere Menschen sind Immunisierungen jedoch immens wichtig, denn mit zunehmendem Alter verliert das Immunsystem an Leistungskraft und die Anfälligkeit für ernstzunehmende Infektionskrankheiten steigt.“

Innovationsfonds fördert Projekt mit 5,6 Millionen Euro

Das vierjährige Pilotprojekt richtet sich laut VDEK an rund 1000 Praxen, Schwerpunkt ist mit etwa 790 Hausarztpraxen NRW. Entwickelt wurde es zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Richtig vor Ort anlaufen wird es wohl erst im Herbst.

Ärzteschaft und medizinische Fachangestellte sollen für das Thema Impfungen für Patienten ab 60 Jahren stärker sensibilisiert werden. Es soll Fortbildungen zur Ansprache geben, Instrumente zur Impferinnerung eingeführt und geeignete Patienteninformationen bereitgestellt werden. Gefördert wird das Vorhaben mit 5,6 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds, der sich aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert.

Laut VDEK NRW soll dabei die aktuelle Aufmerksamkeit für das Thema Impfen genutzt werden. Die Pandemie habe verdeutlicht, wie wichtig es bei der Impfberatung ist, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Informationen patientengerecht zu übermitteln. Entwickelt worden sei das Programm aber vor Start der Covid-Impfungen.

Impfkommission empfiehlt Grippeschutz als Standardimpfung für über 60-Jährige

Im Herbst 2020 hatte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die Bevölkerung zur Grippeschutzimpfung aufgerufen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems in der Pandemie zu verhindern. Je nach Schwere der Grippewelle gebe es jedes Jahr bis zu sieben Millionen Influenza-bedingte Arztbesuche und bis zu 30.000 Klinikeinweisungen. Ein Appell von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zudem die Zahl der Pneumokokken-Impfung bei über 60-Jährigen in die Höhe schnellen lassen und im Frühjahr 2020 zeitweise für Impfstoffknappheit gesorgt.

Die Ständige Impfkommission empfiehlt für die Altersgruppe ab 60 Jahren unter anderem die Grippeschutz- und Pneumokokken-Impfung.