Düsseldorf. Es wird wieder lauter an den NRW-Flughäfen. Düsseldorf strebt die Kapazitätserweiterung an. Bürgerinitiativen halten das für sinnlos.
Angesichts des Corona-bedingten Rückgangs der Flüge, eines veränderten Reiseverhaltens und der Forderungen nach mehr Klimaschutz werden Stimmen gegen die geplante Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf lauter. „Eine Kapazitätserweiterung passt nicht in diese Zeit“, sagte Georg Regniet von der Initiative „Bürger gegen Fluglärm“ dieser Redaktion.
Der frühere NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) hat ebenfalls Bedenken gegen eine Ausweitung von Start- und Landemöglichkeiten. Der Airport gehe sehr zum Ärger von Anwohnern heute schon „an die Grenze des Erlaubten und darüber hinaus“. Viele Kurzstreckenflüge seien angesichts guter Bahnverbindungen schlicht überflüssig.
Flughafen rechnet mit schneller Normalisierung des Luftverkehrs
Der Flughafen-Geschäftsführer verteidigt den Kurs. Der Luftverkehr werde sich bald wieder normalisieren, und die Reiselust der Menschen sei ungebrochen, erklärte er auf Nachfrage. Beobachter rechnen mit einer Entscheidung über die Kapazitätserweiterung in diesem Jahr.
Seit mehr als sechs Jahren beschäftigen sich Landesbehörden mit einem Antrag des Flughafens Düsseldorf, künftig flexibler mit Starts und Landungen umgehen zu können - vor allem in den verkehrsstarken Zeiten. Aber ist dieses Anliegen angesichts eines veränderten Reiseverhaltens und Kritik an Kurzstreckenflügen noch zu rechtfertigen?
Das Ende der "himmlischen Ruhe"
„Die Zeit der himmlischen Ruhe ist vorbei“, sagt Georg Regniet von der 6500 Mitglieder starken Initiative „Bürger gegen Fluglärm“. Monatelang hätten Flughafenanwohner wegen des Corona-bedingten Einbruchs der Fluggastzahlen ihre Ruhe gehabt. Doch inzwischen fühlten sie sich fast schon wieder an die Zeiten vor Corona erinnert.
Der Reiseverkehr nimmt in den Sommerferien wieder Fahrt auf. Die derzeit aktuellsten Fluggastzahlen stammen aus dem Mai 2021. In diesem Monat flogen laut Statistischem Landesamt IT.NRW von den sechs Hauptverkehrsflughäfen in NRW 312 428 Passagiere ab. Das waren 292 638 Passagiere mehr als im Mai 2020, aber rund 1,7 Millionen (−84,2 Prozent) weniger als im Mai 2019. Düsseldorf erzielte im Vorjahresvergleich ein Plus von 174.000 Fluggästen.
Airport-Geschäftsführer: "Reiselust ist ungebrochen"
Ist das ein Indiz dafür, dass sich der Flugverkehr wieder normalisiert? Thomas Schnalke, Geschäftsführer des Flughafens Düsseldorf, sieht es so und verteidigt die beantragte Kapazitätserweiterung: „Wir halten unverändert an unserem Antrag fest, weil wir damit auf die langfristige Luftverkehrsentwicklung abzielen. Wir gehen, wie unsere gesamte Branche, mittel- bis langfristig von einer Normalisierung des Luftverkehrs am Flughafen Düsseldorf aus“, sagte Schnalke dieser Redaktion. Die Reiselust der Menschen sei ungebrochen und der Düsseldorfer Airport liege zentral in einem bevölkerungsreichen Einzugsgebiet mit einer starken regionalen Wirtschaft.
Schnalke ist sich sicher: „NRW braucht nach Ende der Corona-Pandemie mehr denn je einen starken Flughafen für die Menschen und die Wirtschaft der Region. Es geht uns darum, zu Spitzenzeiten mehr Starts und Landungen anbieten zu können. Schon jetzt, mit etwa 50 Prozent des Vorkrisen-Passagiervolumens, sind wir zu diesen Peaks, etwa in den frühen Morgenstunden, gut ausgelastet.“ Das Interesse der Fluggesellschaften am Standort Düsseldorf sei nach wie vor sehr groß.
Das Landesverkehrsministerium lässt sich beim Thema Kapazitätserweiterung nicht in die Karten schauen. „Es ist keine politische, sondern eine Behördenentscheidung. Wir sind Planfeststellungsbehörde. Wer hier einen Antrag stellt, der hat ein Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung“, sagte NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) auf die Frage, wann mit einer Ministerentscheidung zu rechnen sei. Die werde es geben, wenn di Mitarbeiter „damit fertig sind“.
Ex-Umweltminister Remmel (Grüne): "NRW braucht ein Luftverkehrskonzept"
Der frühere NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) sagt: „Die Kapazitätserweiterung ist abzulehnen“. Zum Ärger der Anwohner gehe der Airport Düsseldorf beim Betrieb immer wieder an die Grenzen des Erlaubten und darüber hinaus und nehme Strafen für das Überschreiten der Flugbeschränkungen in Kauf. Flüge innerhalb von Deutschland seien eigentlich nicht mehr nötig. „Man muss nicht von Düsseldorf nach Berlin oder von Hamburg nach München fliegen, weil es Bahnverbindungen gibt. Die müssen allerdings in ganz Deutschland noch besser werden, daher benötigen wir ein Jahrzehnt der Investitionen und der Planungsbeschleunigung.“
Die Grünen fordern eine andere Luftverkehrskonzeption für NRW. Drei der sechs Hauptverkehrsflughäfen liegen in dicht besiedelten Gebieten: Düsseldorf, Köln/Bonn und Dortmund. Lärmbelästigung ist dort ein Dauerthema. „Wir leisten uns sechs große und mittlere Flughäfen, NRW spielt aber beim Luftverkehr international nicht in der ersten Liga. Wir sind hier zu sehr in der Breite aufgestellt, um ökonomisch in Konkurrenz zu Frankfurt, Amsterdam, London, Paris zu treten“, findet Remmel.
Er erinnert auch daran, dass die EU verlangt, dass ab 2024 keine öffentlichen Mittel mehr in den Betrieb der Flughäfen fließen dürfen. „Flughäfen dürfen keine Dauer-Subventionsgräber sein“, so Remmel. Er vermutet, dass es am Ende auf die bevorzugte Entwicklung der Airports in Düsseldorf und Köln/Bonn hinauslaufen dürfte.
Klimawandel-Debatte und Flugverkehr
Georg Regniet von der Bürgerinitiative glaubt, der Düsseldorfer Airport wolle mit der Kapazitätserweiterung Billigflieger anlocken. Der Flughafen habe gar nicht alle nötigen Gutachten eingereicht, es fehle zum Beispiel ein echtes Bedarfsgutachten, so Regniet. Sollte das Land die Erweiterung genehmigen, werde die Bürgerinitiative klagen. „Eine Kapazitätserweiterung passt nicht in diese Zeit. Alle Welt sagt doch, wir müssen mehr gegen den Klimawandel unternehmen.“
Der Airport Düsseldorf möchte, dass die beiden Startbahnen künftig von 6 bis 22 Uhr „ohne starre Sperrungsregeln“ genutzt werden können. In den nachfragestarken Zeiten, sollen deshalb zukünftig bis zu 60 Flugbewegungen pro Stunde koordiniert werden dürfen. In der verbleibenden Zeit soll der Eckwert unverändert bei 43 Flugbewegungen pro Stunde liegen.