Dortmund. Ludger van Bebber wechselt von Weeze nach Dortmund. Der dortige Flughafen muss nicht nur gegen die Pandemie-Folgen kämpfen.
Dortmunds neuer Flughafenchef Ludger van Bebber hat sich seinen Einstand im neuen Büro sicher anders vorgestellt. Als der Aufsichtsrat den 57-Jährigen Anfang des Jahres als Besten von 30 Kandidaten auswählte, war Corona nur eine Randnotiz im boomenden Fluggeschäft. Inzwischen liegt die gesamte Luftverkehrsbranche als Folge der Pandemie am Boden. Van Bebber, seit 2004 Chef am Flughafen Weeze, darf in sein neues Amt mit der Gewissheit starten, dass auch sein neuer Arbeitgeber derzeit nur noch ein Schatten seiner selbst ist.
Im Corona-Lockdown kam der Flugverkehr fast vollständig zum Erliegen
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Im Corona-Lockdown kam der Flugverkehr auch in Dortmund fast vollständig zum Erliegen. Inzwischen ist man wieder bei 60 bis 70 Prozent des Vorjahresniveau, versichert der scheidende Flughafenchef Udo Mager (64). Unterm Strich rechnet der im Osten des Ruhrgebiets liegende Airport in diesem Jahr mit 1,4 bis 1,5 Millionen Passagieren. Eigentlich hatte Dortmund ganz andere Ziele: Die Drei-Millionen-Marke wollte man knacken. Nun wird es maximal die Hälfte.
Doch kein schwarz-grünes Rathaus-Bündnis
Für van Bebber hätte der Arbeitsbeginn am 1. Oktober freilich noch unangenehmer ausfallen können. Um ein Haar wäre der gelernte Wirtschaftsingenieur mit einem schwarz-grünen Rathaus-Bündnis um den CDU-Oberbürgermeister-Kandidaten Andreas Hollstein konfrontiert gewesen, das alle Ausbauplänen am stadteigenen Airport auf Eis legen wollte. Sogar eine Studie über die zu erwartenden Folgen einer möglichen Abwicklung des Flughafens hatten CDU und Grüne für den Fall eines Sieges bei der OB-Stichwahl ins Auge gefasst.
Verkehrsflughäfen in ausschließlich kommunalem Besitz
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Doch die SPD konnte ihre „Herzkammer“ am Sonntag bekanntlich knapp verteidigen. Und weder Dortmunds künftiger OB Thomas Westphal noch seine Partei sind bekannt dafür, Hand an den Landeplatz legen zu wollen, der als einer der wenigen deutschen Verkehrsflughäfen in ausschließlich kommunalem Besitz ist.
Prestigeprojekt und Zankapfel
Dennoch betritt Ludger van Bebber vermintes Terrain. Dortmunds Flughafen ist ein Prestigeprojekt der Stadt und gleichzeitig ein politischer Zankapfel ohnegleichen. Viele Dortmunder sind stolz darauf, dass die größte Stadt des Ruhrgebiets über einen eigenen Verkehrsflughafen mit internationaler Anbindung verfügt.
Drittgrößter NRW-Flughafen
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Wickede, wie der Airport wegen seiner Lage im gleichnamigen Vorort gern kurz genannt wird, darf sich sogar rühmen, nach Düsseldorf und Köln/Bonn in NRW an dritter Stelle zu stehen - wenn auch mit gebührendem Abstand zu den anderen beiden. Besonders die örtliche Wirtschaft wird nicht müde, die Bedeutung des Airports als Standortfaktor und Beschäftigungsmotor zu loben - ganz im Einklang mit der örtlichen SPD übrigens.
Die Front der Flughafen-Skeptiker
Nicht minder kämpferisch indes ist die Front der Flughafen-Skeptiker. Grüne, Naturschützer, bestens organisierte Fluglärm-Gegner in Dortmund und im benachbarten Unna: Sie alle bekämpfen den Flughafen mit harten Bandagen. Neben Klimaschutz und Lärm führen sie als Trumpfkarte vor allem dessen vermeintliche Unwirtschaftlichkeit ins Feld.
Defizit von 386 Millionen Euro
Fluglärm-Schutzgemeinschaft und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) haben jüngst noch einmal genüsslich vorgerechnet, dass am Airport seit 1998 Defizite von insgesamt 386 Millionen Euro aufgelaufen seien, Jahr für Jahr ausgeglichen nur durch die Energieerträge des Dortmunder Stadtwerke-Konzerns. Der Vorwurf: Die Stadtwerke verpulverten am Flughafen „im großen Stil“ die Abgaben ihr Gas-, Wasser- und Stromkunden, die an anderer Stelle für den von den Stadtwerken ebenfalls betriebenen ÖPNV dringend gebraucht würden.
Operative „schwarze Null“
Zur Wahrheit gehört, dass ein Teil des jährlich zweistelligen Millionen-Minus Investitionskosten für die Flughafenbauten sind, ein Posten, der bei anderen Flughäfen bilanziell oft unter den Tisch gekehrt wird. Dauerdefizitär ist Dortmunds Airport aber auch im laufenden Betrieb. Doch in diesem Jahr wollte man die operative „schwarze Null“ erreichen, ein ausgeglichenes Betriebsergebnis also. Dieses Ziel muss der Flughafen wegen einer EU-Beihilfe-Verordnung ohnehin spätestens in vier Jahren erreicht haben, sonst werden saftige Strafzahlungen fällig.
Neuer Chef zuversichtlich
Vor Ludger van Bebber liegt also eine Mammutaufgabe. „Ich bin zuversichtlich, dass Dortmund nach Ende der Pandemie wieder zu alter Stärke zurückfindet“, gibt er sich am Montag bei seiner Vorstellung durch Aufsichtsratschef Guntram Pehlke vor der Presse kämpferisch. Den mächtigen Stadtwerke-Boss weiß van Bebber an seiner Seite. Auf die Journalisten-Frage, wie der Flughafen mit seinem erwartbar hohen Defizit in 2020 umzugehen gedenke, sagte Pehlke trocken: „Gleichen wir aus.“
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Dortmunds Flughafen-Aufsichtsratschef Guntram Pehlke hat den geplanten Abbau von 600 Arbeitsplätzen am Düsseldorfer Flughafen scharf kritisiert. „Entlassungen in einem öffentlich geführten Unternehmen halte ich für das falsche Signal“, sagte Pehlke. Am Dortmunder Flughafen werde trotz der pandemie-bedingten Risiken niemand entlassen. Der Düsseldorfer Flughafen gehört zur Hälfte der Stadt Düsseldorf.