Bad Münstereifel. Angela Merkel und Armin Laschet waren im Katastrophengebiet. Beide loben die „gute alte Sirene“ als Warninstrument und versprechen Hilfe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (beide CDU) haben den vom Hochwasser getroffenen Menschen und Regionen schnelle Hilfe in Aussicht gestellt. „Wir werden morgen im Kabinett in Berlin gemeinsam mit dem Land NRW ein Programm auflegen für unbürokratische Soforthilfe“, sagte Merkel bei einem Besuch in dem teilweise verwüsteten Ort Bad Münstereifel.
„Das Geld muss schnell zu den Menschen kommen, die oft nichts mehr haben außer dem, was sie am Leibe tragen. Ich hoffe, dass das eine Frage von Tagen ist“, so die Kanzlerin. Zusätzlich zur Soforthilfe würden Bund und Länder einen gemeinsamen Aufbauplan auf den Weg bringen.
Laschet: "Wir verdoppeln die Hilfe"
Laschet betonte, er sei froh, dass das Bundeskabinett sehr schnell eine erste Soforthilfe für die Menschen ermögliche. „Wir in NRW werden direkt am Tag danach das Gleiche noch einmal verdoppeln“, versprach Laschet. Die Antragsformulare für diese Unterstützung müssten „ganz einfach sein, und sie sollen noch in dieser Woche fertig sein, damit recht bald das Auszahlen der ersten Gelder beginnen kann“.
Der NRW-Ministerpräsident sagte, politisch müsse nun erstens der Wiederaufbau vorangetrieben, zweitens die Vorsorge vor weiteren Starkregenereignissen betrieben und drittens der Kampf gegen den Klimawandel forciert werden. „Wir müssen alles tun gegen den Klimawandel. Hier bei uns in der Region, bundesweit, europaweit, aber vor allem global. Es ist eine von Menschen gemachte Katastrophe. Wir können alles dafür tun, dass sie gemildert wird.“
Merkel: "Gute alte Sirene vielleicht nützlicher als gedacht"
Bundesweit sind inzwischen 164 Flut-Todesopfer zu beklagen, in NRW 47. Die Frage, ob durch bessere Warnungen mehr Menschenleben hätten gerettet werden können, beschäftigte auch am Dienstag die Politik. „Man denkt, alles geht digital. Man wird aber auch das Analoge wieder brauchen“, erklärte Laschet. „Wir haben lange die Sirenen vernachlässigt, weil man dachte, die Kriegsgefahr ist weg“ Aber eine Gesellschaft, die verletzlich sei, sobald der Strom ausfalle, benötige auch klassische Warninstrumente. „Vielleicht ist die gute alte Sirene doch nützlicher, als wir gedacht haben“, sagte Merkel.
Bad Münstereifel, erfuhr die Kanzlerin von Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian (CDU), leide unter der schwersten Hochwasserkatastrophe seit 700 Jahren. In diesen Ort mit malerischer Fachwerkkulisse rissen die Fluten der Erft eine Schneise der Verwüstung. „Zum Teil entsetzliche Zustände“ habe sie hier gesehen, sagte Angela Merkel nach Gesprächen mit Anwohnern und Helfern. „Die Altstadt ist so schwer getroffen, dass es einem die Sprache verschlägt.“ Das einzige, was trösten könne, sei „die Solidarität der Menschen“. Die Solidarität wird landesweit benötigt, denn viele Regionen und Verkehrswege sind betroffen.
Lauterbach warnt vor Unterbringung in Sammelunterkünften
Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen warnte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach davor, Flutopfer in den Hochwasserregionen in Sammelunterkünften unterzubringen. „Massenunterkünfte sind eine Gefahr für die Menschen, denn dort herrscht ein hohes Corona-Ansteckungsrisiko“, sagte er dieser Zeitung.
Solche beengten Unterkünfte seien daher unbedingt zu vermeiden, mahnte der Mediziner. Stattdessen sollten Flutopfer in Hotels und Einzelunterkünften untergebracht werden. Nur so ließen sich Massenausbrüche verhindern. Es wäre fatal, wenn die ohnehin dramatische Situation durch massenhafte Infektionen mit der Delta-Variante zusätzlich erschwert würde.
SPD und Grüne beantragen Sondersitzung des Innenausschusses
Die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen beantragten am Dienstag eine Sondersitzung des Innenausschusses für Mittwoch, 28. Jukli. Hier soll die Landesregierung eine erste vorläufige Bilanz zu den Auswirkungen der Katastrophe und der mit ihr verbundenen Schäden ziehen. Außerdem soll darüber informiert werden, ob und in welchem Umfang die Katastrophenschutzmaßnahmen zukünftig verbessert werden müssen, teilten die Fraktionen mit.
Direkter Vergleich zwischen den Krisenmanagern Merkel und Laschet
„Wir brauchen hier einen sehr langen Atem“, sagte Angela Merkel am Ende des Rundgangs durch Bad Münstereifel. Es war einer von vielen Hochwasser-Terminen, die Spitzenpolitiker in diesen Tagen absolvieren. Aber hier schaute die Öffentlichkeit besonders genau hin. Denn es ergabt sich die Gelegenheit, die Kanzlerin und den Unions-Kanzlerkandidaten im direkten Vergleich als Kümmerer und Krisenmanager zu betrachten.
Merkel hat einen souveränen Termin mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hinter sich. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet steht in Bad Münstereifel unter besonderer Beobachtung. Denn mit der „Lach-Affäre“ in Erftstadt, mit den Fotos und TV-Aufnahmen von einem Ministerpräsidenten, der feixt, während der Bundespräsident zu den Betroffenen spricht, hat Laschet der eigenen Kampagne Schaden zugefügt. In Bad Münstereifel müssen daher die Bilder stimmen.
Die Stadt soll wieder so schön werden, wie sie es war
Der Aachener schaute also ernst und hörte aufmerksam zu. Er versprach schnelle und unbürokratische Landeshilfe, beteuerte seinen Willen, gegen den Klimawandel anzukämpfen, versuchte, Mut zu machen: „Ich will alles dafür tun, dass Bad Münstereifel so schön wird, wie es vorher war.“
Laschet muss an seinem Ruf feilen: Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den Spiegel attestieren nur 26 Prozent der Befragten dem CDU/CSU-Kandidaten Krisenkompetenz im Falle von Naturkatastrophen. Annalena Baerbock schneidet ähnlich schlecht ab. SPD-Kandidat Olaf Scholz deutlich besser. Der Auftritt mit Angela Merkel tut dem Wahlkämpfer Laschet gut. (mit dpa)