Düsseldorf. Unbezahlte Arbeit, fehlender Coronaschutz: Ein Bericht des NRW-Arbeitsministeriums zeigt die Schattenseiten der Branche.
Ein Bericht von NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) an den Landtags-Sozialausschuss beschreibt die zum Teil „ausbeuterischen“ Arbeitsbedingungen in Paketverteilzenten und Zustellbetrieben. Beschäftigte dieser Branche klagen demnach in öffentlichen Beratungsstellen oft über ein „Klima der Angst und Einschüchterung“ und über hohen Zeit- und Leistungsdruck.
Arbeitsschutzkontrollen, die im Mai und Juni von den Bezirksregierungen in 210 Paketverteilzenten durchgeführt wurden, legten zahlreiche Missachtungen der Corona-Hygienevorschriften offen. Etwa in jedem Dritten Betrieb wurden Mängel festgestellt. Zum Beispiel trugen Mitarbeiter keine Masken, Sicherheitsabstände wurden nicht eingehalten, Desinfektionsmittel fehlten.
Schwarzarbeit und "unrealistische Routen"
Zusteller, Paketsortierer und Logistiker werden dem Bericht zufolge nicht nur in der Pandemiezeit mit einer Fülle von Verstößen gegen den Arbeitsschutz konfrontiert. Beratungsstellen hätten Hinweise auf Fälle, in denen Paketfahrer dazu aufgerufen worden seien, trotz Sozialleistungsbezug mehr als vertraglich vereinbart und „schwarz“ zu arbeiten. Die Rede ist von „unrealistischen Routen“ für Zusteller, Tacho-Manipulation, unbezahlten Ein- und Ausladezeiten sowie nicht ausgezahlten Zuschlägen für Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeit.
„Corona bedeutet das ganze Jahr über Weihnachtsgeschäft in der Paketbranche - hier brauchen die Beschäftigten dringende Entlastung“, sagte Uwe Speckenwirth, Fachbereichsleiter Postdienste und Logistik bei der Gewerkschaft Verdi, dieser Redaktion. Die Arbeitgeber hätten eine Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten. Dazu gehörten ausreichende Vorsorgemaßnahmen, um die Gesundheit aller Beschäftigten zu schützen. „Die Regelungen zum Arbeitsschutz sind durch Corona nicht ausgesetzt und von den Arbeitgebern einzuhalten. Gut ist es da, wo sie von Betriebsräten überwacht werden“, so Speckenwirth.
Verband der Paketlogistik weist die Vorwürfe zurück
Der Bundesverband Paket- und Expresslogistik, der sich als Sprachrohr für mehr als 3500 Mitgliedsunternehmen versteht, beteuerte auf Nachfrage dieser Zeitung, dass Verstöße gegen Arbeits-, Sozial- und Steuervorschriften „nicht toleriert“ würden. Die Arbeitsbedingungen seien fair und die Sozialstandards hoch, so eine Sprecherin. Transportunternehmen, die im Auftrag von Paketdiensten arbeiten, könnten seit einem Jahr ein rechtssicheres Prüfsiegel erhalten und damit belegen, dass sie die von den Paketdiensten vorausgesetzten Sozial- und Arbeitsstandards erfüllten. Knapp 800 Partner der Verbands-Mitgliedsunternehmen nutzten diese Zertifizierung bereits.