Düsseldorf. Der Deutsche Städtetag will mehr Tempo-30-Modellversuche in den Städten ausprobieren. Dafür müsse die Straßenverkehrsordnung geändert werden.

  • Tempo 30 innerorts? Ein Vorstoß des Deutschen Städtetags spricht sich für mehr Modellversuche aus, um die neue Regelgeschwindigkeit auszuprobieren. Dafür ist jedoch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung notwendig.
  • Ein Antrag der NRW-Grünen war vor einigen Wochen im Landtag abgelehnt worden. Verkehrsminister Hendrik Wüst verwies darauf, dass viele Städte außerhalb der großen Verkehrsadern bereits jetzt fast flächendeckend Tempo 30 eingeführt hätten.
  • In NRW wollen Aachen, Bonn und Münster Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen erproben.

Der Deutsche Städtetag drängt auf mehr Modellversuche, um Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit außerhalb von Hauptstraßen auszuprobieren. Am Dienstag präsentierte das Gremium seine Städteinitiative Tempo 30. In Nordrhein-Westfalen wollen sich die drei Städte Aachen, Bonn und Münster beteiligen..

„Wir wollen den Verkehr in den Städten effizienter, klimaschonender und sicherer machen. Dafür brauchen wir aber vor Ort mehr Entscheidungsspielräume", erklärte der Präsident des Deutschen Städtetages und Leipziger Oberbürgermeister, Burkhard Jung. Die Kommunen könnten am besten entscheiden, welche Geschwindigkeiten in welchen Straßen angemessen seien. "Wir wollen in unseren Städten nicht flächendeckend Tempo 30 einführen", so Jung, "und wir wollen keine pauschalen Regelungen für alle Städte. Aber wir wollen, dass Städte selbst entscheiden und neue Modelle von Geschwindigkeiten erproben können."

Für solche Modellversuche unter Realbedingungen müsse die Straßenverkehrsordnung (StVO) geändert werden. Der Deutsche Städtetag forderte, die Änderung nach der Bundestagswahl im September rasch auf den Weg zu bringen.

Wüst lehnt Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit ab

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) hatte eine Forderung der Grünen-Landtagsfraktion, innerorts Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit einzuführen, eine Absage erteilt. Er betonte, die Temporeduzierung könne zu einer „Verkehrsverdrängung“ führen: Viele Autofahrer führen dann möglicherweise nicht mehr über die Hauptverkehrsstraßen, sondern wichen in Wohngebiete aus. Außerdem verwies Wüst darauf, dass viele Städte außerhalb der großen Verkehrsadern bereits jetzt fast flächendeckend Tempo 30 eingeführt hätten.

In ihrem Antrag hatten die Grünen argumentiert, die Reduzierung der Regelgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h führe zu deutlich weniger Unfällen, Toten und Verletzten und sorge für eine bessere Luftqualität sowie weniger Lärm. Deshalb schlugen sie vor, dass Tempo 30 die Regel wird. Straßen, auf denen weiterhin Tempo 50 gefahren werden soll, müssten von Kommunen dann explizit als Ausnahmen gekennzeichnet werden.

Grüne: Wollen nicht "alle Straßen zu Schleichwegen machen"

Arndt Klocke, stellvertretender Vorsitzender und verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, verwies darauf, dass Städte wie Aachen, Bonn oder Münster gern in Modellversuchen flächendeckend Tempo 30 einführen würden. Aufgrund der momentanen Regelung dürften sie das aber nicht. Klocke wehrte sich außerdem gegen die Kritik, er wolle „alle Straßen zu Schleichwegen machen“. Um ein generelles Tempolimit gehe es schließlich nicht.

Die anderen Landtagsfraktionen reagierten ablehnend auf den Grünen-Vorschlag. So sagte Carsten Löcker (SPD), eine Reduzierung der Regelgeschwindigkeit könne negative Auswirkungen auf den ohnehin schon „chronisch unterfinanzierten“ ÖPNV haben: „Es bräuchte mehr Busse und mehr Personal. Wer soll das bezahlen?“ Ulrich Reuter (FDP) widersprach der These, dass Tempo 30 grundsätzlich zu weniger Schadstoffbelastung und Lärm führe.

Regelgeschwindigkeit in Städten kann nur vom Bund geändert werden

Die Regelgeschwindigkeit von aktuell 50 km/h ist in der Straßenverkehrsordnung, also auf Bundesebene, festgelegt. NRW könnte daher nicht von sich aus Tempo 30 einführen, sondern sich lediglich im Bund dafür einsetzen. Der Vorstoß des Deutschen Städtetags gibt der Initiative nun Rückenwind.

Die Bundesregierung hatte vor kurzem ihr Verkehrssicherheitsprogramm 2021 bis 2030 beschlossen. Bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten demnach um 40 Prozent sinken, außerdem soll es weniger Schwerverletzte bei Unfällen geben. Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer, hatte in diesem Zusammenhang gesagt, Tempo 30 innerorts könnte eine wichtige Maßnahme sein.