Düsseldorf/Berlin. Wenn die Impfpriorisierung fällt, können sich Jugendliche ab 12 Jahren impfen lassen. NRW-Minister Laumann sieht Impfstraßen in Schulen kritisch.
Bund und Länder haben sich beim Impfgipfel auf eine Regelung für Impfungen für Minderjährige geeinigt: Kinder ab 12 Jahren sollen sich in Deutschland ab 7. Juni um einen Corona-Impftermin bemühen können.
Mit der am Freitag erwarteten Zulassung des Biontech-Impfstoffs für diese Altersgruppe durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA könnten sie sich ab dem geplanten Ende der Priorisierung um eine Impfung bei den niedergelassenen Ärzten oder in Impfzentren bemühen, teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Beratungen am Donnerstag in Berlin mit.
Die Länder können dem Beschluss zufolge Angebote in Impfzentren machen oder Programme für die Altersgruppe auflegen. Die Minderjährigen sollten sich aber insbesondere in den Praxen um einen Termin bemühen können. Bis zum Ende des Sommers soll auch den Kindern und Jugendlichen ein Impfangebot gemacht werden.
Ein sicherer Schulbetrieb soll unabhängig davon, wie viele Schülerinnen und Schüler ein Impfangebot wahrnehmen, gewährleistet werden. „Wir wollen Impfangebote machen, aber es gibt keine Impfpflicht“, sagte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Laumann sieht Impfungen in Schulgebäuden kritisch
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sieht Impfstraßen in Schulen kritisch. „Damit würde man doch sehr stark als Staat symbolisieren: Wir wollen, dass Ihr Euch impft“, sagte er am Freitagmorgen im Gespräch mit WDR 2.
Es müsse zunächst die Empfehlung der Ständigen Impfkommission für das Vorgehen in Deutschland abgewartet werden, sagte Laumann. Er rechne mit einer sehr differenzierten Empfehlung in die Richtung, „dass der Staat ein Angebot machen muss, aber vollkommen neutral und diskriminierungsfrei“.
Ministerpräsident Armin Laschet hatte bereits vor den Bund-Länder-Beratungen angekündigt, dass sich Nordrhein-Westfalen an die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) halten werde. In der Landtags-Debatte in der vergangenen Woche hatte er das Ziel ausgegeben, noch vor den Sommerferien möglichst viele Schülerinnen und Schülern eine Impfung zu ermöglichen.
Klar sei, dass es keinen zusätzlichen Impfstoff für die Gruppe der 12- bis 16-Jährigen gebe, sagte Gesundheitsminister Laumann. Bis zum Ende des Sommers werde es aber so viel Impfstoff in Deutschland geben, dass alle, die wollten, sich impfen lassen könnten. „Das gilt selbstverständlich auch, wenn drei Jahrgänge dazu kommen.“
Kinderärzte warnen vor „Impfpflicht durch Hintertür“
Glücklicherweise erkrankten Minderjährige in den allermeisten Fällen nicht so schlimm an Covid wie Erwachsene, sagte Laumann. In ganz Deutschland habe es in der Altersgruppe 12 bis 16 Jahre bislang 180.000 an Corona erkrankte Kinder und Jugendliche gegeben, davon seien 18.000 im Krankenhaus gewesen, aber nur 18 auf einer Intensivstation.
Vor einer „Impfpflicht durch die Hintertür“ hatte in dieser Woche Axel Gerschlauer, Sprecher des Verbandes der Kinder- und Jugendärzte in Nordrhein, Woche gewarnt. Eine Corona-Schutzimpfung sei für Kinder mit Vorerkrankungen und bestimmten Risikofaktoren notwendig. „Aber wir dürfen jetzt nicht vollkommen gesunde Zwölfjährige impfen, nur damit sich die Lehrer in den Schulen besser fühlen“, sagte Gerschlauer dieser Redaktion.
44 Prozent aller Menschen in NRW einmal geimpft
Daten des Robert-Koch-Instituts zufolge waren am Freitagmorgen 44,5 Prozent aller Menschen in NRW mindestens einmal geimpft. 15,7 Prozent haben bereits den vollen Impfschutz erhalten. » Lesen Sie dazu: Corona-Impfung NRW: So viele Menschen hat Ihre Stadt geimpft
Die Landesregierung hat am Mittwoch eine neue Coronaschutzverordnung mit Regeln veröffentlicht. Gemessen an der Sieben-Tage-Inzidenz werden die Städte und Kreise in drei Inzidenzstufen eingeteilt.
Im Juni 31 Millionen Impfdosen erwartet
Trotz des erweiterten Impfangebotes an Jugendliche soll es mittelfristig nicht zu Engpässen kommen beim Impfstoff kommen: Im kommenden Monat werden in Deutschland voraussichtlich mehr als 31 Millionen Corona-Impfdosen ausgeliefert, wie die Daten des Gesundheitsressorts zeigen. Von den ursprünglich für das gesamte zweite Quartal 80 Millionen zugesagten Impfdosen wurden 31 Millionen bereits geliefert.
Astrazeneca und Johnson & Johnson kündigten Lieferungen aber nur kurzfristig an, was die Organisation erschwere. Insgesamt wurden in den Ländern 88 Prozent der gelieferten Impfdosen verimpft – die Spanne reicht von 76 Prozent in Brandenburg bis 98 Prozent in Bremen. Vom Biontech-Präparat wurden 91 Prozent verimpft, von Moderna 76 und von Astrazeneca 87 Prozent.
Bei Johnson & Johnson, dem einzigen Serum, bei dem nur eine Spritze reicht, liegt die ausgewiesene Quote bisher nur bei 35 Prozent. Für das dritte Quartal liegen laut Gesundheitsministerium außer von Moderna bisher keine Lieferpläne vor - erwartet werden über 120 Millionen Impfstoff-Dosen.
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(mit dpa und afp)