Essen. Der Ruf, dass Schwangere gegen Corona geimpft werden, wird immer lauter. Bislang gibt es den Piks nur für Kontakte - das läuft unterschiedlich.
Eine Corona-Schutzimpfung für Schwangere wird in Deutschland zwar diskutiert, aber derzeit nicht allgemein empfohlen – um die werdenden Mütter dennoch vor einer Infektion mit Sars-Cov-2 zu schützen, können sie zwei enge Kontaktpersonen zur Impfung benennen.
In der Praxis vor Ort ist das alles andere als einheitlich, sagt Bernd Bankamp, Landesvorsitzender des Berufsverbandes für Frauenärzte in Nordrhein. „In den Städten werden die Impfungen der Kontaktpersonen sehr unterschiedlich gehandhabt“, sagt Bankamp. „Frauen müssen sich vor Ort genau erkundigen.“
Es impfen niedergelassene Ärzte und die Mediziner in den Impfzentren
Im Oberhausener Impfzentrum etwa werden noch keine Impfungen für Kontaktpersonen schwangerer Frauen angeboten. Betroffene können sich aber auf eine Warteliste setzen lassen. In Dortmund impfen je nach Verfügbarkeit der Vakzine Gynäkologen mit. In Krefeld wiederum werden Kontaktpersonen ausschließlich in dem städtischen Impfzentrum geimpft, wie der dort niedergelassene Frauenarzt Bankamp berichtet.
Eine Lösung, die so gut funktioniere, dass sie sich längst herumgesprochen habe: „Wir bekommen immer mehr Anfragen von Frauen, die ganz woanders und zum Teil weiter weg wohnen, aber ihre Eltern, die hier leben, vorbeischicken wollen“, sagt Bankamp.
Ministerium: Impfungen sind noch ein „Kann-Angebot“
Das NRW-Gesundheitsministerium hatte bereits Anfang April klargestellt, dass das Impfen von Kontaktpersonen derzeit noch eine „Kann-Regelung“ sei. Das heißt: Die Kommunen sind aktuell nicht verpflichtet, ein solches Angebot zu machen, hieß es dazu vom Ministerium.
Wo Städte dies ermöglichen, müssen Kontaktpersonen die Kopie des Mutterpasses oder ein gleichberechtigtes Dokument mitbringen und eine ausgefüllte Bescheinigung, die sich auf der Seite des Gesundheitsministeriums herunterladen lässt.
Frauenarzt: Hohe Nachfrage von Schwangeren
Die Nachfrage sei vielerorts so hoch, dass Schwangere versuchten, mehr als die zwei vorgegeben Kontaktpersonen impfen zu lassen, berichtet Gynäkologe Bankamp. Deshalb seien erste Impfzentren dazu übergangenen, den Namen der geimpften Kontaktpersonen in den Mutterpass der Schwangeren einzutragen, um Mehrfachnutzungen zu verhindern.
In den Praxen liefen die Impfungen indes mühsamer: Er selbst und viele niedergelassene Kollegen und Kolleginnen würden derzeit vor allem Patientinnen in den Blick nehmen, die beispielsweise wegen einer Krebserkrankung geimpft würden, sagt Bankamp. Längst impfe auch nicht jede Facharztpraxis: Die sehr geringen Impfstoffmargen und der hohe Aufwand erschwere es gerade kleineren Praxen, sich zu engagieren, so Bankamp.
Kassenärztliche Vereinigungen: Zwischen 16 und 18 Prozent der Fachärzte impfen
Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) impften Ende April knapp über 900 Fachärzte in Nordrhein - das entspricht etwa 16 Prozent der Fachärzte. In KV-Bezirk Westfalen-Lippe sind es nach Angaben einer Sprecherin rund 18 Prozent – wie viele Gynäkologen jeweils darunter sind, ist nicht bekannt.
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In Dortmund impfen die Frauenärzte zwar bereits seit Anfang April Kontaktpersonen von Schwangeren. Gerade am Anfang sei darüber aber nur zurückhaltend informiert worden, wie Ute Krahé, stellvertretende Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Frauenärzte in Westfalen-Lippe, berichtet. „Richtig werben kann man nur dann für solche Impfungen, wenn ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht“, sagt die Dortmunder Gynäkologin.
Sie informiere ihre Patientinnen vor Ort, berate am Telefon. Auch Krahé berichtet von dem hohen Aufwand für die Impfungen der von Schwangeren benannten Kontaktpersonen, die in der Regel selbst ja nicht in ihrer Praxis behandelt würden. „Ich impfe Menschen, deren Vorgeschichte ich nicht kenne“, sagt die Frauenärztin. Nicht selten arbeitet sie bis spät in den Abend hinein.
Berufsverband fordert Tempo bei Impffrage für Schwangere
Inzwischen werden die Rufe nach Impfungen für Schwangere immer lauter. Die Ständige Impfkommission (Stiko) arbeitet gerade an ihrer Empfehlung. Frauenärzte in Deutschland fordern Tempo: Der Berufsverband verweist darauf, dass Schwangere prozentual häufiger schwere Krankheitsverläufe als gleichaltrige nicht-schwangere Frauen zeigen. Bei den an Covid-19 erkrankten Schwangeren zeige sich ein Anstieg von Tot- und Frühgeburten und eine erhöhte Rate an Kaiserschnitten, erklärte der Verband unlängst gegenüber der „Rheinischen Post“.
Schon jetzt können Schwangere aber durchaus geimpft werden, sagt Bankamp für den Landesverband Nordrhein. „Wenn sie bestimmte Vorerkrankungen haben, können wir sie mit entsprechender Aufklärung impfen“, sagte Bankamp. Etwa bei starkem Übergewicht sei dies möglich. Das Robert Koch-Institut erklärt, dass Impfungen „in Einzelfällen nach Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher Aufklärung eine Impfung angeboten werden“ können. Mehrere gynäkologische Fachgesellschaften haben sich in dieser Woche für eine Impfung von Schwangeren mit den Vakzinen von Biontech/Pfizer und Moderna stark gemacht.
In sozialen Netzwerken berichten Schwangere von ihrer Suche nach einem impfenden Arzt. Auf Instagram etwa schreibt eine werdende Mutter aus Dortmund, dass sie trotz Vorerkrankungen weder bei ihrem Frauenarzt noch ihrem Hausarzt oder in Kliniken geimpft werde. Ihr Gynäkologe habe juristische Bedenken angeführt. Sie habe sich selten so allein gelassen gefühlt, schreibt die Dortmunderin.