Düsseldorf. Ab dem Schuljahr 2021/22 sollen in NRW Schulen in sozialen Brennpunkten besser ausgestattet werden. Ein Vorteil für das Ruhrgebiet?
Ab dem kommenden Schuljahr können die ersten Schulen, die in sozialen Brennpunkten liegen, mit mehr Personal, mehr Geld und einer besseren Ausstattung rechnen. „Wir machen einen großen Schritt zu mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) bei der Vorstellung der Details zum neuen schulscharfen Sozialindex. Zu lange habe die Politik in NRW „die Augen vor Missständen verschlossen“.
Der neue Sozialindex misst nicht mehr -- wie der alte Kreissozialindex -- die soziale Situation von Schülern insgesamt in einer Großstadt oder einem Kreis, sondern „auf Knopfdruck“ die soziale Zusammensetzung jeder einzelnen Schule.
Index "misst" Armut, Migration und Förderbedarf
Dazu wird jede in eine Kategorie von 1 bis 9 eingeteilt, wobei die Stufe 9 die größten Herausforderungen ausweist. Die Kriterien für den Index sind Kinder- und Jugendarmut, der Anteil der Schüler, in deren Familien nicht Deutsch gesprochen wird, der Anteil der aus dem Ausland zugewanderten Schüler und die Zahl der Schüler mit sonderpädagogischer Förderung. Je höher die Kategorie, desto größer ist der Bedarf einer Schule.
Die Städte des Ruhrgebietes könnten von diesem neuen System profitieren. "Man kann den Essener Norden zum Beispiel unter sozialen Gesichtspunkten nicht mit dem Essener Süde in einen Topf werfen", sagte Schul-Staatssekretär Mathias Richter (FDP).
Die meisten Schulen sind in einer "guten" Stufe
Von dem im Index berücksichtigten 4158 öffentlichen Schulen fallen allerdings nur acht in die höchste Indexstufe 9 und 21 in die Stufe 8. Rund 3000 Schulen sind in den „guten“ Stufen 1 bis 3. Mehrere Leiter von Brennpunktschulen hatten sich schon vor Monaten darüber beklagt, sie seien „vergessen“ worden.
Zwar werden zum Schuljahr 2021/22 den NRW-Schulen insgesamt rund 5200 Stellen unter Berücksichtigung des Sozialindex zugewiesen, zum Beispiel für Unterrichtsausfall und Sprachförderung, so die Landesregierung. Es dürfte aber noch dauern, bis sich das System der gerechten Verteilung von Personal und Ausstattung flächendeckend eingespielt haben wird. „Wir fangen an mit rund 500 zusätzlichen Stellen für sozialpädagogische Fachkräfte in den Grundschulen“, erklärte Schul-Staatssekretär Mathias Richter.
Kritik: Viele Schulen profitieren nicht vom neuen System
Die Opposition kritisiert zwar nicht das System schulscharfer Sozialindex, wohl aber die neuen Kategorien, von denen nur sehr wenige und vor allem Grundschulen profitierten. „Im alten Kreissozialindex gab es fünf statt neun Stufen und allein in der höchsten Stufe 5 waren rund 1000 Schulen“, sagte Jochen Ott (SPD). All diese Schulen müssten mit deutlich mehr Personal ausgestattet werden.
Die Gewerkschaft GEW kritisiert das Konzept ebenfalls. "Das Ganze ist ein Nullsummenspiel, es gibt keine einzige zusätzliche Stelle. Die Ressourcen werden nur anders verteilt und schwächere Schulen müssen den Schwächsten helfen" sagte GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern. Mit dem Fokus auf Stufe sieben bis neun betreibe das Schulministerium "Augenwischerei".