Düsseldorf. Die NRW-Regierung hält die Rückkehr der Kinder in die Klassen für verantwortbar. Lehrer warnen davor. Die wichtigsten Infos zum Thema.

Die Schüler in NRW sollen ab Montag wieder wechselweise in die Klassenzimmer zurückkommen – obwohl die Corona-Infektionszahlen steigen. Hier ein Überblick über die Entwicklung.

Was galt bisher?

In dieser Woche lernen die meisten der landesweit 2,5 Millionen Schüler wegen ansteigender Corona-Zahlen noch im Distanzunterricht.

Was bedeutet Wechselunterricht?

Das heißt, dass die Schüler abwechselnd daheim und in der Klasse unterrichtet werden – im täglichen oder wöchentlichen Wechsel. Vor den Osterferien galt dieses System bereits. Damals befanden sich im Schnitt etwas weniger als die Hälfte der Schüler an einem Tag in den Schulen. Wechselunterricht ermögliche die nötige Kontaktreduzierung, so die Regierung, und sei im Zusammenspiel mit der Testpflicht und der Impfung von Lehrern der Corona-Lage angemessen.

Warum geht NRW diesen Weg?

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sagte, der Wechselunterricht mit der eingebauten örtlichen Notbremse ab einer Inzidenz von 200 biete den Schulen „die Perspektive, die es ermöglicht, den Schulbetrieb für längere Zeit zu organisieren. Ein höheres Infektionsgeschehen führe zu Distanzunterricht. Sinkende Infektionszahlen ermöglichten mehr Präsenz in den Schulen.

Warum gilt jetzt eine Testpflicht?

Die Landesregierung nennt das Testen von Schülern, Lehrern und anderen an den Schulen Beschäftigen „zielführend und zumutbar“. Die Selbsttests und die parallel dazu fortschreitenden Impfungen des Lehrpersonals seien der „Schlüssel für mehr schulische Normalität“. Die anfänglichen Lieferschwierigkeiten seien inzwischen überwunden. Der Bedarf von 5,5 Millionen Schnelltests pro Woche könne jetzt gedeckt werden. Die Tests seien zwar in der Handhabung insbesondere für Grundschüler und für manche Förderschüler kompliziert, das Testen aber durchaus möglich. Die Regierung kündigte an, künftig möglichst alters- und kindgerechtere Tests zu bestellen.

Wo wird getestet?

Grundsätzlich in der Schule. Eltern, die damit nicht einverstanden sind, können allerdings alternativ auch einen negativen „Bürger-Test“ aus einem Testzentrum vorzeigen, der nicht älter als 48 Stunden ist.

Was geschieht mit Test-Verweigerern?

Sie können nicht am Präsenzunterricht teilnehmen und haben laut Gebauer keinen automatischen Anspruch auf Distanzunterricht. In den meisten Fällen dürften diese Kinder dann in Absprache mit den Lehrern daheim lernen dürfen, aber die Familien hätten eben kein Recht darauf. Dieser Anspruch auf Unterricht gelte nur, wenn sich die eigene Lerngruppe an einem Tag gerade im Distanz- und nicht im Präsenzunterricht befinde.

Was sagt die Regierung zum Vorwurf, sie überfordere Lehrer mit dem Testen?

Dass Lehrer die Tests organisieren und beaufsichtigen, ist nach Ansicht der Schulministerin zumutbar: „In außergewöhnlichen Zeiten sind solche Aufgaben an unseren Schulen nicht zu vermeiden.“

Was gilt für Abschlussjahrgänge?

Sie können, wie bisher schon, in den Präsenz- oder in den Wechselunterricht gehen. Ziel: vollwertige und bundesweit anerkannte Schulabschlüsse auch im Pandemie-Jahr 2021.

Was sagt die Opposition zu den Plänen?

SPD-Schulexperte Jochen Ott kritisierte das Hin und Her bei Wechsel- und Distanzunterricht und forderte „ein durchdachtes Gesamtkonzept bis zu den Sommerferien“.

Was sagen Lehrerverbände?

Die Lehrergewerkschaft GEW steht auf dem Standpunkt: Jetzt, angesichts stark steigender Infektionszahlen, die Schulen zu öffnen und volle Schulbusse in Kauf zu nehmen, sei nicht zu verantworten. GEW-Landeschefin Maike Finnern erinnert daran, dass die britische Virus-Mutante, die überall grassiert, Kinder und Jugendliche offenbar mehr gefährde als das Virus davor. Sie begrüßte aber, dass es in NRW keinen Anspruch auf Distanzunterricht ohne negativen Coronatest für Schüler gibt.

Der Verband Lehrer NRW reagierte so: „Bei den derzeit rasant steigenden Infektionszahlen stellt die Öffnung der Schulen ab Montag ein erhebliches Risiko dar. Angesichts des aktuell sehr dynamischen Pandemiegeschehens ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass schon bald mehr als die bisherigen sechs Kreise und Städte über dem ohnehin bedenklich hoch angesetzten Inzidenzwert von 200 liegen werden. Das würde in den betroffenen Regionen wieder die Rückkehr zum Distanzunterricht nach sich ziehen.“

Die Schulen benötigten professionelles Testpersonal, die Tests seien nicht kindgerecht, das Impfen der Lehrer gehe nicht schnell genug. „Parallel zu den Infektionszahlen wachsen damit Sorge, Unsicherheit und Enttäuschung an den Schulen“, warnte Lehrer-NRW-Landeschef Sven Christoffer.