Düsseldorf. Der NRW-Ministerpräsident strebt in die Bundespolitik. In NRW gibt es drei Szenarien, wie bis Herbst die Führungsfrage geklärt wird.

Auch wenn sich die Union am Montag weiter mit der K-Frage quälte, werden in Düsseldorf bereits Szenarien für die Zeit nach Ministerpräsident Armin Laschet durchgespielt. Vieles deutet darauf hin, dass der Aachener im Herbst nach nur vier Jahren in der Staatskanzlei die Landespolitik schon wieder verlassen wird. So oder so.

Variante 1: Laschet wird Kanzler.

Wenn die Union bei der Bundestagswahl im September klar stärkste Kraft werden sollte und keine Bundesregierung gegen sie gebildet werden könnte, dürfte Laschet noch vor Aufnahme der Koalitionsverhandlungen sein Ministerpräsidenten-Amt in Düsseldorf niederlegen. Die Zeit drängt, da im Mai 2022 bereits wieder Landtagswahlen in NRW anstehen. Mit Konstituierung des neuen Bundestags im Oktober dürfte ein Bundestagsabgeordneter Laschet laut NRW-Verfassung ohnehin nicht mehr gleichzeitig Ministerpräsident sein. Die Regierung Laschet steht aktuell in Umfragen desaströs da. Ein Nachfolger hat kaum Zeit, sich den Bürgern bekannt zu machen und einen Amtsbonus aufzubauen. Da in NRW der Ministerpräsident zugleich Landtagsabgeordneter sein muss, käme im Herbst eigentlich nur Verkehrsminister Hendrik Wüst in Frage. Der 45-jährige Münsterländer ist aktuell der einzige CDU-Parlamentarier, der über Regierungserfahrung verfügt und die Zukunft der Partei verkörpert. Populäre Urgesteine aus dem Kabinett Laschet wie Innenminister Herbert Reul oder Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann könnten mangels Landtagsmandat in der laufenden Legislaturperiode nicht zum Regierungschef gewählt werden. Unklar ist, wer bereits im Frühsommer als CDU-Landesvorsitzender in NRW Laschets Nachfolger werden soll: Eine Übergangslösung für den internen Zusammenhalt wie Reul und Laumann, oder doch gleich der künftige Ministerpräsident Wüst?

Gibt es einen Weg zurück nach NRW für Laschet?

Variante 2: Laschet scheitert als Kanzlerkandidat

Laschet hat deutlich gemacht, dass er bis zur Bundestagswahl im Ministerpräsidenten-Amt bleiben will. Nur so verfügt er im Wahlkampf über eine exekutive Funktion, um die Politik mitbestimmen zu können. Zudem haben die Regierungschefs der Länder Rederecht im Bundestag. Diese Bühne wird sich Laschet in den kommenden Monaten kaum nehmen lassen. Sollte er es aber nicht ins Kanzleramt schaffen, glauben in Düsseldorf die wenigsten, dass es für ihn überhaupt einen Weg zurück nach NRW geben könnte.

Das gelang zwar 1987 dem gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Johannes Rau, der noch weitere elf Jahre Ministerpräsident blieb. Doch Rau war gerade erst mit absoluter Mehrheit im Amt bestätigt worden, hatte noch drei Jahre Zeit bis zur nächsten Landtagswahl und war überdies kein SPD-Bundesparteichef. Laschet hingegen käme maximal beschädigt nach NRW zurück, weil nach dem K-Fragen-Duell mit Söder die Verantwortung für eine Niederlage der Union voll bei ihm läge. Ein Vollkasko-Wahlkampf mit Rückfahrtkarte nach Düsseldorf würde man ihm deshalb kaum durchgehen lassen. Das Ministerpräsidentenamt im bevölkerungsreichsten Bundesland als Trostpreis für einen Wahlverlierer? In der NRW-CDU dürfte der Druck wachsen, mit frischer Kraft weniger Monate später in die Landtagswahl zu gehen. Laschet müsste derweil sein Bundestagsmandat annehmen und in der Berliner Opposition seine politische Zukunft suchen.

Der Nachfolger hat kaum Zeit, sich zu etablieren

Variante 2:  Laschet wird kein Kanzlerkandidat

Sollte CSU-Chef Markus Söder doch noch einen Kniff finden, gegen die Gremien-Voten der großen Schwester CDU selbst Kanzlerkandidat der Union zu werden, wäre Laschet als CDU-Chef schon fast wieder erledigt. Ihm blieben nur zwei Auswege: Er könnte sich klar zu einem Verbleib in der NRW-Landespolitik bekennen und alles für eine Wiederwahl als Ministerpräsident 2022 tun. Dann würde er die Bundespartei noch eine Weile von Düsseldorf aus führen, aber alsbald den Weg für einen neuen CDU-Chef in Berlin freimachen müssen. Seine Autorität würde eh weiter erodieren, weil sich die Union automatisch auf Söder als Kraftzentrum ausrichtete.

Oder aber Laschet stellte klar, dass er als Bundesparteivorsitzender auch ohne Kanzlerkandidatur nach Berlin gehört und strebt ein Bundestagsmandat an. In dem Fall könnte er versuchen, als Gegengewicht zum Kanzler Söder Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu werden. In NRW könnte er die nächsten Monate dazu nutzen, Söders Bundestagswahlkampf zu unterstützen, das Pandemie-Management zu verbessern und einen Nachfolger in Düsseldorf aufzubauen.