Düsseldorf. Hilfe finden Gewaltopfer vielerorts in NRW, aber nicht überall sind die Angebote gleich gut. Die Landesregierung will nun nachsteuern.

Die Landesregierung will mit Kommunen, Verbänden und Hilfsorganisationen einen „NRW-Pakt gegen Gewalt“ schließen und noch in dieser Woche mit den Verhandlungen beginnen. „Erstmals soll ein Leitbild für einen Pakt gegen Gewalt erarbeitet werden“, kündigte NRW-Gleichstellungsministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Dienstag an.

Ziel sei es, jeder Frau und jedem Mann, die in NRW Opfer von Gewalt werden, Schutz und gute Beratung anzubieten. Der Bedarf ist offenbar groß. Die Ministerin verwies auf den jüngsten Bericht des Landeskriminalamtes zu Partnerschaftsgewalt. Demnach wurden im Jahr 2019 den Behörden mehr als 37.000 Opfer bekannt. 83 Prozent von ihnen waren Frauen, es wurden aber auch fast 6400 männliche Gewaltopfer gezählt.

Angebote sind nicht gut genug bekannt

Laut einer „Dunkelfeldstudie“ des Landes nimmt mehr als jede zehnte von Gewalt betroffene Person Hilfe und Unterstützung auch deshalb nicht in Anspruch, weil ihr nicht bekannt sei, an wen sie sich wenden könne.

NRW fördert laut Scharrenbach über 185 Unterstützungseinrichtungen für von Gewalt betroffene Frauen, darunter 64 Frauenhäuser, 52 Fachberatungsstellen gegen sexuelle Gewalt und 62 Allgemeine Frauenberatungsstellen. Das Problem: Nicht überall sind die Angebote gleich gut. In Köln und im Rhein-Sieg-Kreis stünden zum Beispiel nicht genügend Schutzplätze in Frauenhäusern zur Verfügung. Zu den Fernzielen des „Paktes gegen Gewalt“ gehört der Aufbau so genannter „Powerhäuser“ in sämtlichen Kommunen mit Schutzangeboten und Fachberatung unter einem Dach.

Auswirkung der Pandemie auf Gewalt in Familien ist weiter nicht geklärt

Einen allgemeinen Mangel an Plätzen in Frauenhäusern will NRW nicht feststellen. Aktuell stünden landesweit 622 Plätze zur Verfügung. Scharrenbach berichtete, der Platzbedarf liege rechnerisch bei 557 Schutzplätzen für Frauen. Während der Corona-Pandemie sei die Nachfrage nach solchen Plätzen sogar gesunken, und die Zahl der Anzeigen wegen Gewalt habe im Jahr 2020 um rund 20 Prozent unter der im Jahr 2019 gelegen. Das bedeute aber keineswegs, dass es in den Familien tatsächlich weniger Gewalttaten gebe. Zahlreiche Fachberatungsstellen hätten sogar von einer deutlich höheren Nachfrage nach Unterstützung berichtet.

Ziel: Mehr "Schutzwohnungen" für Männer

NRW hat ein Opferschutzportal freigeschaltet. Ausbauen möchte NRW auch die Zahl der Schutzwohnungen für von Gewalt betroffene Männer. Bisher gibt es acht dieser Wohnungen im Rheinland, weitere sollen in Westfalen eingerichtet werden. Für November 2021 plant die Landesregierung eine „Aktionswoche gegen Gewalt an Frauen“.