Düsseldorf. Teils mit Wut, teils mit Spott reagierten Unternehmer, Opposition und Pädagogen am Dienstag auf den fortgesetzten Lockdown.
Mit einer Mischung aus Sorge, Zorn und Häme kommentierten am Dienstag Wirtschafts- und Pädagogenverbände sowie Teile der Landespolitik die Lockdown-Beschlüsse von Bund und Ländern. Tenor: Inkonsequentes Krisenmanagement stellten Wirtschaft und Bürger vor eine gewaltige Herausforderung.
Wie bewertet die Wirtschaft die Beschlüsse?
Die, die am meisten betroffen sind, reagierten besonders wütend. Der Hotel- und Gastronomieverband Dehoga in NRW spricht von Ohnmachtsgefühlen, Existenzangst, Resignation, Wut und Ärger unter den Mitgliedern. "Wir haben die Nase gestrichen voll, weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben und der Staat seine nicht“, wettert der Verband.
Dehoga-NRW-Präsident Bernd Niemeier sagte Richtung Politik: „Testet uns offen! Hebt das Tempolimit bei Impfungen, Tests und der Digitalisierung auf! Gebt Gas! Errichtet Testzelte auf Marktplätzen, baut Teststraßen in allen Gemeinden, gebt Bürgern Testmöglichkeiten an allen Ecken und Enden. Und das am besten 25 Stunden an jedem Tag. Wir wollen die Getesteten, die Geimpften und die Genesenen wieder als unsere Gäste begrüßen dürfen. Das ist unsere Überlebensstrategie".
Bei den Unternehmern herrsche „pures Entsetzen“, betonte Arndt G. Kirchhoff, Chef des Verbandes Unternehmer NRW. „Wir können nur dringend davor warnen, mit den ins Auge gefassten Ruhetagen vor Ostern die deutsche Wirtschaft auf Kosten der Unternehmen komplett lahmzulegen. Die finanziellen Schäden und die Auswirkungen auf Prozesse und Lieferketten wären immens“, so Kirchhoff.
Der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft in NRW verlangt ein „Ende des zerstörerischen Lockdowns“. Die einseitige Fixierung auf Inzidenzwerte müsse ersetzt werden durch eine Teststrategie, die es Schulen, Einzelhand und Gastronomie erlaube,“ im kontrollierten Betriebsmodus fortzufahren“, sagte Landesverbands-Geschäftsführer Herbert Schulte. „Die Politik hat Monate ins Land streichen lassen und ist auch mit ihrem zentralistischen Impfkonzept zum Schaden der Menschen krachend gescheitert.“
Was sagt die Opposition?
Sie nutzte schon den Tag vor der Aussprache im Landtag zur Abrechnung mit der Landesregierung. „Harte Maßnahmen sind leider nötig, weil das exponentielle Corona-Wachstum sich nicht von allein stoppt“, meinte SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung hätten aber bei Impfen und Testen „total versagt“. Ministerpräsident und CDU-Bundesvorsitzender Armin Laschet führe nun „Scheindebatten“ über Urlaub auf Mallorca, um „vom eigenen Versagen abzulenken“. Zum Streit um Urlaub auf der Baleareninsel fiel SPD-Landeschef Kutschaty aber noch ein launiger Satz ein: Angesichts der Inzidenzen hier wie dort müsse man wohl eher „die Mallorquiner vor den deutschen Touristen schützen“.
„Die Beschlüsse der Regierungschefinnen und -chefs und der Kanzlerin sind enttäuschend. Dass es nun wieder zu Verschärfungen kommen muss, ist den Versäumnissen von Bund und Ländern geschuldet, die geöffnet hatten, ohne zuerst die notwendigen Schutzvoraussetzungen zu schaffen“, kritisierten die Chefinnen der Grünen-Landtagsfraktion, Josefine Paul und Verena Schäffer. Das Vertrauen der Menschen in die Krisenbewältigung werde so verspielt. Beim Impfen und beim Testen hinke NRW anderen Ländern hinterher.
Wie reagiert das Personal in Schulen und Kitas?
Mit Kritik am fehlenden Schutz für Pädagogen und Kinder und mit Spott. „Dafür, dass die Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin solange kreißte, gebar sie im Bildungsbereich nur eine Maus“, urteilte Stefan Behlau, Landesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). Es fehlten weiter tragfähige Ideen und Wege, die Schul- und Kitabesuche möglichst sicher zu gestalten – für die Kinder, Jugendlichen und das Personal. Behlau: „Wir benötigen dringend eine praxisorientierte Teststrategie, die Ausweitung der Impfangebote auf alle Schulformen und eine nachvollziehbare Notbremse.“
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht das ähnlich und fordert „endlich zielführende Maßnahmen für einen sicheren Schulbetrieb“. Wer Schulen weiter öffnen wolle, müsse testen und impfen,“ sagte GEW-Landeschefin Maike Finnern. Alle Schüler sollten nur mit negativen Testergebnis am Präsenzunterricht teilnehmen. Tests dürften aber nicht mehr unter Kontrolle der Lehrkräfte in der Schule durchgeführt werden, sondern unter elterlicher Aufsicht zu Hause oder durch mobile Testcenter.