Essen. Ein Impfzentrum könnte schon Unter-80-Jährige impfen und darf nicht. Das starre Festhalten an der Impfreihenfolge ist ein Skandal. Ein Kommentar.
In Gelsenkirchen und überall dort, wo die Impfzentren in den Startlöchern stehen, um nun auch endlich Jüngere zu impfen, versteht man die Welt nicht mehr. Sogar dann, wenn ein Impfzentrum die Kapazitäten dafür hat, darf es Impfwilligen zwischen 70 und 79 Jahren noch kein Angebot machen, denn diese Gruppe ist „regulär“ erst ab Mitte April dran.
Der Skandal steckt in dem so harmlos daherkommenden Wörtchen „regulär“. Die „aktuelle Erlasslage“ sehe noch keine Impfungen der Personengruppe der über 70-Jährigen vor, heißt es aus dem NRW-Gesundheitsministerium. „Erlasslage“ – als sei das ein unveränderbarer Zustand und nicht etwas, das man als Regierung aktiv herbeiführen würde und ändern könnte.
Wir verstricken uns in Überregulierungen
Hier ist er also: der gewissermaßen letzte Beweis dafür, dass wir uns in Überregulierungen verstricken, die im Ergebnis zu vermeidbaren Ansteckungen, zu vermeidbaren Kranken und Toten führen. Diese nordrhein-westfälische „Erlasslage“ führt alle Beteuerungen, man wolle nun Tempo in die Impfkampagne bringen, ad absurdum.
Der Bundesgesundheitsminister hatte unlängst gesagt, eines Tages, wenn die Krise überstanden sei, müssten wir uns vieles gegenseitig verzeihen. Ein starres Festhalten an der „regulären“ Impfreihenfolge jedoch, die so weit geht, dass erst der letzte Über-80-Jährige geimpft sein muss, bevor wir die nächste Gruppe schützen, wäre ein unverzeihlicher Fehler.