Düsseldorf. Es gibt zwar leichte Fortschritte, aber noch immer haben es Frauen in NRW schwer, in Spitzenpositionen zu kommen.
Es gibt zwar Fortschritte, aber insgesamt sind die Chefetagen in Politik, öffentlicher Verwaltung, in Ministerien und generell im Landesdienst noch immer von Männern dominiert. „Wir brauchen eine neue Normalität für 50 Prozent Frauen in Führungspositionen“, sagte Gleichstellungsministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Internationalen Frauentag bei der Vorstellung des ersten Gleichstellungsatlas für NRW. Ein Überblick:
Politik ist noch überwiegend männlich
Der Frauenenteil in Räten und Kreistagen liegt im Schnitt bei 30 Prozent. Nur rund 14 Prozent der Oberbürgermeister, Landräte und Bürgermeister sind Frauen. „Bei der Partizipation von Frauen in der Kommunalpolitik, besonders bei den weiblichen Hauptverwaltungsbeamten, ist noch viel Luft nach oben“, kritisierte die Ministerin.
Von einem Paritätsgesetz, das die Parteien zwingen würde, Frauen und Männer gleichermaßen auf Kandidaten-Listen zu berücksichtigen, hält Scharrenbach indes nichts: „Paritätsgesetze funktionieren in der Praxis nicht und sind juristisch umstritten.“
Regierungen sollten aber zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt sein, Das gelte, so Scharrenbach, auch für die künftige NRW-Landesregierung, der heute vier Ministerinnen und acht Minister plus Ministerpräsident angehören. Sie deutete auch an, dass sie sich selbst als CDU-Landesvorsitzende oder Ministerpräsidentin vorstellen könnte: „Frauen und Männern stehen alle Staatsämter offen. Jedes Amt hat seine Reize.“
Lehrstellen gehen meist an Männer
Laut Gleichstellungsatlas finden in NRW immer weniger junge Frauen den Weg in die Duale Berufsausbildung. Im Jahr 2019 absolvierten rund 104.000 Frauen eine Lehre. 2012 waren es noch rund 124.000. Heute machen etwa doppelt so viele Männer wie Frauen eine Lehre. Die Betriebe müssten viel mehr um Frauen werben, findet die Ministerin. Die Lehre habe noch immer einen „goldenen Boden“, oft einen goldeneren als ein Studium.
Leider würden gerade Zukunftsberufe wie „Fachinformatiker“ noch meist von Männern gewählt. Dabei würden Frauen hier dringend gebraucht, betonte die Ministerin: „Es gibt Algorithmen, die Frauen im Internet systematisch benachteiligen.“ Digitalisierung dürfe kein Rückschritt bei der Gleichberechtigung sein.
Leichter Trend zum „MINT-Studium“ bei Frauen
An den Hochschulen in NRW studieren etwa gleich viele Männer und Frauen. Anders ist die Verteilung in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Der Anteil der weiblichen Studienanfänger im ersten Fachsemester stieg aber 2017 leicht von 33,4 auf 34,4 Prozent.
Männer haben weiterhin mehr Chancen auf Spitzenpositionen
Stellen im Landesdienst sind etwa zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt. Bei den Karrierechancen gibt es aber weiter große Unterschiede, zumal, wie Scharrenbach erklärte, „Sprungbeförderungen“ wie in der freien Wirtschaft in der Verwaltung eher Ausnahmen seien.
Überraschend ist laut der Ministerin, dass Spitzenpositionen der Besoldung bei Richtern zu drei Vierteln mit Frauen besetzt seien. Frauen dominieren mit 64 Prozent Anteil auch die Schulleitungen, aber hier muss differenziert werden. Frauen leiten vor allem Grundschulen, Männer weiterführende Schulen. Beschämend niedrig ist die Zahl der weiblichen Führungskräfte bei der Polizei mit nur 20 Prozent.
In den Ministerien ist nur etwa ein Viertel der Führungspositionen von Frauen besetzt. Der Bericht beschreibt eine „Unterrepräsentanz“ in Referats-, Gruppen- und Abteilungsleitungen.
Gender-Sprache:
Sollte es Bürger*innen heißen, BürgerInnen, Bürgerinnen und Bürger oder einfach nur „Bürger“. Solche Fragen sind sehr umstritten. Die Gleichstellungsministerin will sich hier nicht festlegen, sieht sich selbst „in der Mitte“ der streitenden Pole und warnt vor „Übertreibungen“. „Wir stehen derzeit vor anderen Herausforderungen als Gender-Sternchen. Viele Bürger wissen nicht, ob sie morgen noch ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen können“, so Scharrenbach.