Düsseldorf. Erst stand sie nicht in der Corona-Schutzverordnung, jetzt wurde sie eingeführt, aber nicht überall: die Bewegungsbeschränkung.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat die überraschende Einführung der umstrittenen Bewegungsbeschränkung in einigen der aktuellen Corona-Hotspots des Landes verteidigt. „Wir setzten die 15-Kilometer-Regel um, auch wenn manche an ihr zweifeln“, sagte Laschet am Dienstag im Landtag.

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Die Landesregierung hatte in der Nacht zuvor unerwartet das neue Instrument der „Corona-Regionalverordnung“ geschaffen und damit die 15-Kilometer-Regelung doch noch eingeführt. Sie soll jedoch nicht in allen NRW-Hotspots mit mehr als 200 Infektionen pro 100.000 Einwohner und Woche gelten, sondern nur in den Kreisen Recklinghausen, Höxter, Minden-Lübbecke sowie im Oberbergischen Kreis.

Ja, Nein, vielleicht: Opposition kritisiert "Kommunikationschaos"

Dort sei das Infektionsgeschehen nicht auf eine bestimmte Einrichtung zurückzuführen, weshalb die Bürger ab sofort die Grenze ihrer kreisangehörigen Heimatstadt nur noch im Ausnahmefall um mehr als 15 Kilometer überschreiten dürfen. Dazu gehören zahllose triftige Gründe (Beruf, Ehrenamt, Pflege), nur keine offenkundigen Freizeitabsichten. Verstöße sollen mit bis zu 25.000 Euro bestraft werden.

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Die Opposition im Landtag sprach von „Kommunikationschaos“. In der seit Montag geltenden Corona-Schutzverordnung des Landes tauchte die 15-Kilometer-Regel zunächst nicht auf. Sie war lediglich zur Option für Hotspots in kommunaler Verantwortung erklärt worden. Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) hatte zudem öffentlich Zweifel an dem entsprechenden Bund-Länder-Beschluss geäußert, Laschet wiederum eine 1:1-Umsetzung derselben in NRW angekündigt.

Kommunen sollen selbst entscheiden, ob sie die Option ziehen

In anderen Corona-Hotspots mit einer Inzidenz von über 200 wie Gelsenkirchen, Bottrop und Bielefeld gilt die Bewegungsbeschränkung dagegen nicht. Rechtlich könnte diese Ungleichbehandlung problematisch sein. Die Polizei-Gewerkschaften haben zudem Zweifel an der Kontrollierbarkeit geäußert.

Man wolle individuell mit jeder betroffenen Kommunalverwaltung abstimmen, ob die 15-Kilometer-Regel eingeführt lokal wird oder nicht, erklärte Laschet. „Aber wenn sie entscheiden, es passt nicht, haben sie die Möglichkeit, es anders zu machen.“ Die drei SPD-Oberbürgermeister von Gelsenkirchen, Bielefeld und Bottrop etwa seien nicht dazu bereit gewesen. Vor allem im dicht besiedelten Kern-Ruhrgebiet mit ineinander fließenden Städten wird die Bewegungsbeschränkung als lebensfremd abgelehnt. Außerdem zweifeln viele Kommunen an der Aussagekraft der aktuellen Infektionszahlen, die wegen der Test- und Meldepraxis zum Jahreswechsel verzerrt seien.

„Mit der kurzfristig erlassenen Regionalverordnung ist das Chaos nun endgültig perfekt“, kritisierte Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer. SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty beklagte eine Verunsicherung der Bürger durch nicht nachvollziehbare Regelungen. Die Regierung Laschet reiche die Verantwortung in dieser Krise „möglichst schnell und weit nach unten weiter“.

FDP-Fraktionschef Christof Rasche räumte ein, dass die Liberalen in Bund und Land weiterhin mit der 15-Kilometer-Regel haderten. „Aber Landräte und Kreistage wünschen sich dieses Instrument. Das müssen wir respektieren“, so Rasche.