Düsseldorf. CDU-Vorsitz: Laschet, Merz und Röttgen präsentierten sich der Basis im wichtigen Parteibezirk Ruhrgebiet. Es wurden zwei kurzweilige Stunden.

Eigentlich war der „digitale Kandidatencheck“ des CDU-Bezirks Ruhrgebiet am Montagabend nur ein Notbehelf, weil die Aspiranten auf den Bundesvorsitz in der Corona-Krise nun einmal nicht persönlich an der Basis für sich werben können. Doch wer zu den fast 100 Interessierten gehörte, die sich in diese gut zweistündige Video-Vorstellung von Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Bundestagsfraktionschef Friedrich Merz und Außenexperte Norbert Röttgen einwählte, könnte überraschende Einsichten gewonnen haben.

In nicht einmal zwei Wochen wählt die CDU den Nachfolger für die unglückliche Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und mithin den ersten Anwärter auf die Kanzlerkandidatur der Union für die Bundestagswahl im Herbst. Nach einem zähen zehnmonatigen Kandidatenrennen dachte man, bereits alles über das Trio gehört und gelesen zu haben. Doch diese unmittelbare Präsentation allein vor dem Bildschirm, im direkten Austausch mit zugeschalteten Fragestellern, hatte für den Zuschauer etwas erfrischend Unmittelbares, zeitweilig fast Intimes.

Wichtig für Laschet, Merz und Röttgen war der Abend obendrein, denn der scheidende Bezirkschef Oliver Wittke vergaß nicht darauf hinzuweisen, dass die Ruhr-CDU beim Bundesparteitag fünf Prozent der Delegierten stellen wird. Als erster war Merz an der Reihe. Er saß im Pullover in seinem Dachzimmer-Büro und wusste offenbar, bei wem er digital zu Gast war. Die Parteifreunde im Ruhrgebiet gelten mehrheitlich als sozial und arbeitnehmerfreundlich, nicht unbedingt eine Bastion des Wirtschaftsmannes aus dem Sauerland. Doch Merz schaffte es in seinem 45-minütigen Auftritt durchaus, dem Zerrbild des kalten Konservativen entgegenzuwirken.

Merz spielte nicht den Polarisierer, der Merkel-Wähler vergrault

Der 65-Jährige fächerte gut strukturiert seine Idee einer CDU als letzte Volkspartei auf, die Ökonomie und Ökologie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Europa organisieren kann. Seiner Analyse, dass die CDU den vorpolitischen Raum in Kirchen, Gewerkschaften, Vereinen und Bürgerinitiativen an die Grünen zu verlieren drohe, kann man schwerlich widersprechen.
Merz riss sich zwar hin und wieder dynamisch die Lesebrille von der Nase, sprach gewohnt zackig und leitete seine Sätze gern mit der Ankündigung „Ein offenes Wort“ ein. Doch dem Klischee des Polarisierers, der die Angela-Merkel-Wähler vergraulen werde, entsprach er nicht.

„Wir gewinnen in Deutschland keine Wahlen mit reiner Wirtschaftspolitik. Das weiß ich“, stellte Merz klar. Er zeigte sich zuversichtlich, auch mit den Grünen eine Bundesregierung bilden zu können, nur will er „nicht die besseren Grünen spielen“.

Ob er sich vorstellen könne, nur CDU-Vorsitzender zu werden und die Kanzlerkandidatur einem anderen (CSU-Chef Markus Söder?) zu überlassen? Merz machte klar, dass er das für keine gute Idee hält und seine Partei so etwas nur als historischen Ausnahmefall in Betracht ziehen sollte.
Genau hier könnte die Chance von Außenseiter Norbert Röttgen liegen, der als CDU-Chef gar kein Problem mit einem Kanzlerkandidaten Söder hätte. Sein Credo: „Ich bin in dieser Kandidatur kein Lager.“ Röttgen hatte im offenen Oberhemd zuhause in Königswinter vor der Plakatwand seiner Kampagne („Jetzt voran“) Platz genommen. Hier hat sich einer eingerichtet als Angebot für alle, die sich nicht zwischen Laschet und Merz entscheiden können: „Ich wage zu behaupten, ich kann die Mitte halten.“

Laschet überraschte trotz des Corona-Termindrucks mit Witz

Den Abschluss bildete Laschet. Dunkler Ministerpräsidenten-Anzug, im Hintergrund CDU-Logowand, professionellste Kamera- und Ton-Technik. Sein Versprechen: „Keine One-Man-Show“, sondern Zusammenführen aller Parteiströmungen und gesellschaftlicher Gruppen. Laschet wirkte trotz seines aktuell enormen Termindrucks erstaunlich entspannt, streute immer mal einen Scherz ein. Als er gefragt wurde, ob er das Ministerpräsidenten-Amt erst aufgeben werde, wenn er schon Bundeskanzler sei, lacht er herzhaft in die Kamera: „Auch bayerische Ministerpräsidenten waren schon mal Kanzlerkandidaten, könnten es wieder sein und würden natürlich auch mit ihrem Amt hineingehen.“