Düsseldorf. Der NRW-Gesundheitsminister verteidigt ein millionenschweres Geschäft mit Corona-Schutzausrüstung, für das Laschet nur „den Tipp“ gegeben habe.

In der „van Laack-Affäre“ um Klüngel-Vorwürfe bei der millionenschweren Beschaffung von Corona-Schutzausrüstung durch die Landesregierung hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) Unregelmäßigkeiten bestritten. „Ich kann jede Art von Korruption und ähnliches wirklich ausschließen“, sagte Laumann am Mittwochabend in einer Fragestunde des Landtags. Er habe „auch wirklich kein schlechtes Gewissen“.

Das Mönchengladbacher Modeunternehmen van Laack hatte im April ohne Ausschreibung einen Auftrag über zehn Millionen Schutzkittel im Wert von rund 45 Millionen Euro brutto erhalten. Im Herbst kam es zu einer weiteren Millionen-Bestellung von Gesichtsmasken für die NRW-Polizei, die inzwischen von der Vergabekammer Rheinland überprüft wird. Den Kontakt zu der Firma hatte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) persönlich aufgenommen. Sein ältester Sohn Johannes wirbt als Model „Joe“ gegen Honorar in sozialen Netzwerken für van Laack-Kollektionen.

„Der Ministerpräsident hat uns nur den Tipp gegeben“

„Ich kann Ihnen ganz klar sagen, dass der Ministerpräsident - außer dass er uns den Tipp gegeben hat – auf die ganze Sache keinen Einfluss genommen hat“, sagte Laumann. Er verwies auf den Mangel an Schutzausrüstung im Frühjahr: „Wir waren heilfroh, mit einem Unternehmen, das einen soliden Ruf hat, einen solchen Vertrag abzuschließen.“

Die weltweite Knappheit an medizinischer Schutzausrüstung erlaubte es offenbar, einen öffentlichen Auftrag dieser Dimension ohne Ausschreibung zu vergeben. Unklar bleibt indes, ob Wettbewerber der NRW-Textilbranche, die ebenfalls auf Landesaufträge hofften, durch die van Laack-Vermittlung des Ministerpräsidenten benachteiligt wurden.

Nach Laumanns Darstellung muss Laschet am 29. März kurz nach einem Telefonat mit dem van Laack-Chef Christian von Daniels bei Laumann angerufen haben. Zwei Tage später fuhren Mitarbeiter des NRW-Arbeitsschutzes zu dem Modeunternehmen. Dort soll klar geworden sein, dass van Laack die zunächst erhofften Schutzmasken nach ffp 2-Standard gar nicht liefern konnte. „Da waren wir mit der Firma einmal im Gespräch und dann ist eben die Entwicklung dieses Schutzkittels dabei herumgekommen“, sagte Laumann im Landtag.

Als es mit den ffp-Masken nichts wurde, entwickelte man gemeinsam einen Schutzkittel

Ministerpräsident Armin Laschet mit seinem ältesten Sohn Johannes, der als Model „Joe“ für van Laack arbeitet.
Ministerpräsident Armin Laschet mit seinem ältesten Sohn Johannes, der als Model „Joe“ für van Laack arbeitet. © dpa | Henning Kaiser

Laut NRW-Gesundheitsministerium hatten auch andere namhafte NRW-Hersteller mit großen Nähkapazitäten wie Seidensticker aus Ostwestfalen Angebote für Alltagsmasken abgegeben, die jedoch in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nicht benötigt wurden. Ob mit diesen Unternehmen ebenfalls eine Modifizierung des Angebots in Richtung Einweg-Schutzkittel besprochen wurde, blieb zunächst unklar.

Inwieweit der Ministerpräsident nicht nur jene Textilfirma, mit der sein Sohn geschäftlich verbandelt ist, persönlich kontaktiert hat, ließ Laumann ebenso offen: Über vertrauliche Gespräche des Regierungschefs gebe die Landesregierung keine Auskunft. Der Ministerpräsident hatte die ungewöhnliche Geschäftsanbahnung über seinen Sohn mit der Notsituation in der ersten Phase der Pandemie begründet, in der Schutzausrüstung allerorten gefehlt habe: „Wir waren damals auf der Suche nach seriösen Anbietern, wir haben jeden gefragt, den wir kennen. Wir haben uns die Hände wund telefoniert.“

Hat sich der Ministerpräsident wirklich „die Finger wund gewählt“?

Zur Anzahl der persönlichen Telefonate Laschets könne er schon deshalb nichts sagen, witzelte Laumann am Mittwoch im Landtag, „weil ich nicht weiß, wie oft der Ministerpräsident wählen muss, bis die Finger wund sind“.

Der Gesundheitsminister wies Zweifel an Qualität und Dringlichkeit der van Laack-Lieferung zurück. Die Einweg-Kittel seien ausreichend geprüft worden und im medizischen Bereich während der Pandemie einsetzbar. Das gewöhnliche Zertifizierungsverfahren für den Medizinsektor, das mehrere Monate in Anspruch nimmt, sei wegen des Zeitdrucks ausgeschlossen worden. Am Dienstag war bekannt geworden: Das Uniklinikum Essen hatte 40.000 van Laack-Kittel ausgemustert, weil sie nicht reißfest genug sein sollen. Auch in einer Pflegeeinrichtung in Bochum gab es offenbar Beschwerden über das Material.

Zudem war öffentlich geworden, dass mehrere große Kliniken die van Laack-Kittel bislang noch gar nicht eingesetzt haben. Laumann erklärte, das Land habe damals 200 Krankenhäuser beliefert, die im Frühjahr Bedarf an Schutzausrüstung angezeigt hätten. Über die tatsächliche Verwendung der van Laack-Kittel werde er nicht informiert. „Wenn die noch im Keller liegen, schließe ich daraus, dass sie damals einen Bedarf formuliert haben, den sie gar nicht haben“, sagte Laumann.