Düsseldorf. Der Zickzack-Kurs des NRW-Schulministeriums belastet Lehrer und Familien. Der Druck auf Ministerin Gebauer vor dem Corona-Lockdown nimmt zu.

  • Corona-Lockdown in NRW: Seit Montag ist an den Schulen die Präsenzpflicht aufgehoben. Darüber informierte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Freitag. Dieser Kurswechsel brachte die Schulen in NRW zum Wochenbeginn an organisatorische Grenzen.
  • Der Druck auf NRW-Schulministerin nimmt im Corona-Lockdown zu. Schul-Staatssekretär Mathias Richter (FDP) entschuldigte sich in einer Schulmail für die Probleme.
  • Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Nordrhein-Westfalen forderte, Schüler und Lehrer mit weniger Klassenarbeiten entlasten. „Es ist eine Illusion, dass wir ein normales Schuljahr haben", hieß es dazu.

Der drastische Kurswechsel mit dem Aufheben der Präsenzpflicht brachte zum Wochenbeginn die Schulen in NRW an ihre organisatorischen Grenzen. „Vielerorts herrschte Chaos“, sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, dieser Redaktion. Lehrer und Eltern hätten keine Zeit gehabt, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen, kritisierte auch Stefan Behlau, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) in NRW. In den Schulen mache sich „zunehmend Fatalismus“ breit, so Behlau.

Schulen im Corona-Lockdown: Druck auf NRW-Schulministerin nimmt zu

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Der Druck auf NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP), der viele einen Schlingerkurs und unglückliche Kommunikation vorwerfen, nimmt zu. Schul-Staatssekretär Mathias Richter (FDP) entschuldigte sich in einer Schulmail für die Probleme, die die plötzliche Wende auslöst. „Wir konnten bestimmte Entwicklungen nicht verlässlich genug vorhersagen“, schrieb er. Lehrerverbände entgegneten, die Lage habe sich seit Wochen zugespitzt.

„Die Kommunikation bleibt das Minenfeld in der Pandemie. Nicht nur beim Schulministerium, sondern allgemein in der Politik“, zürnte Behlau. GEW-Landeschefin Finnern sprach von einem fortschreitenden Vertrauensverlust in die Landespolitik. Viele Lehrer fühlten sich im Stich gelassen.

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Die Landeselternschaft der Gymnasien wundert sich darüber, dass NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zunehmend als schulpolitischer Akteur in Erscheinung trete. „Ist Ministerin Gebauer in politischer Quarantäne?“, spottete der Verband.

Schulen im Corona-Lockdown: Solingen wundert sich über den abrupten Kurswechsel

Tim Kurzbach (SPD), Solinger Oberbürgermeister, dessen Modell zur Klassenteilung von der Landesregierung brüsk gestoppt worden war, wunderte sich: „Jetzt hat das Land NRW etwas viel Radikaleres und Komplizierteres beschlossen.“ Es sei viel Zeit mit einem „politischen Prinzipienstreit“ vergeudet worden, sagte er auf Nachfrage. Die Regierung hätte stattdessen mit Schule und Städten über realistische Modelle für Wechsel- und Distanzunterricht sprechen sollen.

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Lehrergewerkschaften und Elternverbände forderten die Ministerin auf, zügig zu erklären, wie es im Januar an den Schulen weitergeht. „Was ist mit Abschlussprüfungen? Wie werden die Wissenslücken geschlossen? Diese Fragen müssen bis zum 10. Januar beantwortet werden“, sagte Franz-Josef Kahlen von der Landeselternschaft Gymnasien.

Schulen im Corona-Lockdown: GEW fordert mehr Freiheit

Die GEW fordert eine Zusage, dass Schulen ab sofort tatsächlich ihre eigenen Konzepte erproben dürfen, sowie einen Verzicht aufs Sitzenbleiben. Laut VBE könnten insbesondere Oberstufen- und Berufskolleg-Schüler durchaus noch länger im Distanzunterricht bleiben.​

Außerdem möchte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Nordrhein-Westfalen Schüler und Lehrer mit weniger Klassenarbeiten entlasten. „Es ist eine Illusion, dass wir ein normales Schuljahr haben“, sagte die NRW-Landesvorsitzende Maike Finnern der „Rheinischen Post“ (Dienstag). Sie sei der festen Überzeugung, dass man nicht am 11. Januar mit dem normalen Unterricht weitermachen werde. „Deshalb wäre jetzt dringend eine Abkehr vom Dogma des Präsenzunterrichts notwendig. Es gibt doch zahlreiche gute Konzepte“, sagt Finnern.

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