Düsseldorf. Strenge Kontaktverbote, geschlossene Restaurants, Schulbeginn zwischen 7 und 9 Uhr: Was Sie über den Dezember-Lockdown wissen sollten.
Strengere Kontaktregeln, weiter harte Einschränkungen für die Gastronomie – die neue Corona-Schutzverordnung, die ab heute in NRW gilt, soll eine „Gesundheitsnotlage“ abwenden, so NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Das Einhalten der Kontaktbeschränkungen wird auch in der privaten Wohnung „dringend empfohlen“. Scharf kontrolliert wird das aber nicht. Laumann: „Wir schicken nicht am Heiligen Abend die Polizei in die Wohnzimmer.“
Die NRW-Landesregierung hat sich im Ringen um eine neue „Hotspot-Strategie“ in besonders von der Corona-Pandemie gebeutelten Kommunen gegen eine automatische Verschärfung von Maßnahmen ausgesprochen. „Ich will immer, dass es mit der Gemeinde einen Erörterungstermin gibt“, sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Montag.
Optionen in Corona-Hotspots: noch weniger Kontakte, Alkohol-Verkaufsverbot
Es gebe verschiedene Möglichkeiten zu reagieren wie etwa erweiterte Kontaktbeschränkungen, Verkaufsverbote für Alkohol oder im Einzelfall auch Digitalunterricht an Schulen. Zudem könne die Entzerrung von Schulanfangszeiten helfen, Gedränge im Öffentlichen Nahverkehr zu vermeiden, so Laumann.
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Die Ministerpräsidenten der Länder hatten in der vergangenen Woche beschlossen , dass in Kommunen und Kreisen mit mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche (Inzidenz) zusätzliche Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen. Die konkrete Ausgestaltung liegt jedoch in der Verantwortung der Länder. In NRW zählten am Montag laut Robert-Koch-Institut die Städte Duisburg, Hagen, Hamm, Solingen und Bielefeld sowie die Kreise Wesel, Recklinghausen und Lippe noch eine Inzidenz von über 200.
SPD-Kritik: "Noch keine Hotspot-Strategie in Sicht"
Auch ohne Automatismus erwartet Laumann jedoch rasche Einigkeit mit den Kommunen über eine Gegenstrategie: „Es muss schon zusätzlich was passieren.“ An den sogenannten Hotspots werde der Gesamterfolg der Pandemie-Bekämpfung in Nordrhein-Westfalen hängen. Gerade im Ruhrgebiet, wo eine Stadt in die andere übergehe, müssten Lockdown-Verschärfungen jedoch wegen möglicher Ausweichbewegungen der Bürger klug abgewogen werden, damit sie nicht zu noch mehr Kontakten führten, erklärte Laumann: „Ich bin dagegen, das Problem von der einen Stadt in die andere zu verlegen.“
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SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty kritisierte, dass es noch immer keine „Hotspot-Strategie“ der Landesregierung gebe. Durch die Einzelverhandlungen mit den Kommunen entstehe „ein unüberschaubarer Flickenteppich an lokal angeordneten Maßnahmen und wir verlieren wir wertvolle Zeit im Kampf gegen die Pandemie“, so Kutschaty.
Die wichtigsten Änderungen
Die Kontaktbeschränkungen werden verschärft: Nur noch fünf statt zehn Personen aus zwei Haushalten dürfen sich treffen (Ausnahme: Kinder bis 14 Jahren). Zwischen dem 23. Dezember und dem 1. Januar sind Treffen von zehn Personen aus verschiedenen Haushalten möglich . Auch hier werden Kinder bis 14 nicht mitgezählt.
Die Maskenpflicht gilt in geschlossenen öffentlichen Räumen, vor Geschäften und auf Parkplätzen sowie am Arbeitsplatz, wenn bei der Arbeit kein 1,5 Meter-Abstand möglich ist. In Geschäften bis 800 Quadratmeter ist eine Person pro zehn Quadratmeter zugelassen. In größeren Geschäften ist ab der Fläche von 800 Quadratmeter dann nur ein Kunde pro 20 qm erlaubt. Feuerwerk ist an Silvester auf belebten Plätzen verboten. Wo genau, legen die Kommunen fest.
Entzerrter Schulbeginn
Zunächst bis zum Ende des Schuljahres kann der Unterricht gestaffelt in der Zeit zwischen 7 Uhr und 9 Uhr beginnen. NRW will damit überfüllte Busse vermeiden und Kontakte zwischen Schülern reduzieren. Schon seit Langem können Schulen morgens zwischen 7.30 und 8.30 in den Unterricht starten. Laut Schul-Staatssekretär Mathias Richter (FDP) nutzen derzeit 869 öffentliche Schulen diese Möglichkeit, also gut 20 Prozent der Schulen. Weitere 737 Schulen hätten signalisiert, dass sie ihre Öffnungszeiten ebenfalls flexibel gestalten möchten. Das Sonderprogramm für 1000 zusätzliche Schulbusse“ werde inzwischen gut angenommen und solle gegebenenfalls ausgeweitet werden, so Richter. Die Weihnachtsferien werden vorgezogen, letzter Schultag ist der 18. Dezember.
Der derzeit aktuellsten Umfrage vom 25. November zufolge sind 95,9 Prozent der Schüler und 94,2 Prozent der Lehrer im Präsenzunterricht. Insgesamt befinden sich demnach rund 64.000 Schüler in Quarantäne (Vorwoche: 72.700). In 81,3 Prozent der Schulen ist Präsenzunterricht für alle Klassen möglich. „Der Schulbetrieb funktioniert, mit Einschränkungen, verlässlich“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Der Präsenzunterricht bleibe daher erste Wahl. Selbst in Corona-Hotspots werde stets nur „schulscharf“ über einen Wechsel zum Distanzunterricht entschieden, so Gebauer. Wenn das Infektionsgeschehen groß und die Personaldecke dünn sei, könnten Schulen Alternativen zum Präsenzunterricht nutzen.
Keine Schulfahrten bis zu den Osterferien
Gebauer hat klargestellt, dass bis zum Beginn der Osterferien Ende März keine Schulfahrten möglich sein werden: „Alle bis zum 31. März geplanten Fahrten sind abzusagen, neue dürfen bis zu diesem Zeitpunkt nicht genehmigt werden“, sagte sie am Montag. Ausgenommen seien eintägige Exkursionen in der näheren Umgebung der Schule. Ob das Land die Stornokosten für abgesagte Fahrten ausgleicht, werde derzeit noch geprüft.
Gesundheitsamt entscheidet über Schul-Quarantäne
NRW hat klargestellt, dass die Entscheidung darüber, welche Schüler oder Lehrer in Quarantäne müssen, nicht auf Schulleitungen übertragen werden kann. Die Verantwortung dafür trage stets das Gesundheitsamt.
Verwandtenbesuch mit Hotelübernachtung
Gesundheitsminister Laumann hat die Entscheidung der Landesregierung verteidigt, Hotels über Weihnachten für Verwandtenbesuche zu öffnen . „Ein Familienbesuch ist kein Tourismus“, sagte er. Schon heute sei es trotz der flächendeckenden Einschränkungen möglich, etwa für den Besuch einer Beerdigung wie ein Geschäftsreisender in einem Hotel zu übernachten. An Weihnachten sei diese Ausweichmöglichkeit auch aus Gründen des Infektionsschutzes sinnvoller als die Beherbergung in beengten privaten Verhältnissen: „Dass sich nur diejenigen besuchen können, die das Glück haben, in Einfamilienhäusern zu wohnen, entspricht nicht meiner Vorstellung von Gerechtigkeit“, sagte Laumann.
NRW stellt sich damit ebenso wie einige weitere Länder gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Montag im CDU-Präsidium die Hotel-Öffnung kritisiert hatte. Es sei nicht zu kontrollieren, ob Hotel-Gäste wirklich Verwandte besuchten. Laumann hält dagegen den vorgetäuschten Verwandtenbesuch für lebensfremd: Da es aktuell keinerlei Gastronomie-, Kultur- oder Freizeitangebote gebe, könne er sich eine touristische Reise-Motivation schwer vorstellen.
Ski-Lifte stehen still
Die Ski-Lifte im Sauerland müssen im Dezember geschlossen bleiben. Es handele sich um Freizeit-Einrichtungen, die nach der neuen Corona-Schutzverordnung keinen Geschäftsbetrieb aufnehmen dürften, stellte Laumann klar. Dass es im Januar Ski-Betrieb geben wird, gilt als unwahrscheinlich. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) will ein möglichst europaweit einheitliches Ski-Verbot bis zum 10. Januar erreichen. NRW werde sich deshalb „vorbildlich verhalten“. Die Tourismus-Betriebe im Sauerland trifft die Entscheidung, zum Jahresende nicht einmal Individualsport an der frischen Luft zu gestatten, nach monatelanger Vorbereitung und hohen Investitionen in Hygienekonzepte für Hütten und Pisten hart. Bis zuletzt hatte man gehofft, zumindest mit Tagestouristen einen Teil der Umsatzeinbrüche auffangen zu können.
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) fordert vom Bund höhere Abschlagszahlungen für Unternehmen, die wegen des Teil-Lockdowns auf die November- und Dezemberhilfen angewiesen sind. Sie müssten auf bis zu 500 000 Euro erhöht werden.
Schnelltests nicht für Privatleute
Inzwischen sind immer mehr Antigen-Schnelltests verfügbar. Gesundheitsminister Laumann sagte aber, diese Tests seien derzeit „nicht frei handelbar“, da sie zum Beispiel in Pflegeheimen dringend benötigt würden. „Ein Apotheker könne sie „nicht einfach an Karl-Josef Laumann verkaufen“.