Düsseldorf. Die Gewerkschaft VBE hat die Corona-Stimmungslage der Schulleitungen messen lassen. Die Unzufriedenheit ist im Bundesvergleich groß.
Die Unzufriedenheit der Schulleiter in Nordrhein-Westfalen mit der schwarz-gelben Landesregierung hat in der Corona-Krise stark zugenommen. Das geht aus einer neuen repräsentativen Forsa-Umfrage unter Rektoren für den Verband Erziehung und Bildung (VBE) hervor.
Demnach bewerten die Schulleitungen in NRW die Arbeit von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) mit der Note 4,4 und damit deutlich schlechter als im ohnehin schon schwachen Bundesdurchschnitt (3,9). Zu Beginn der Pandemie im März hatte sich die Zufriedenheit mit der NRW-Schulpolitik mit der Note 3,9 noch im Geleitzug der anderen Bundesländer bewegt.
Nur drei Prozent der Schulleiter fühlen sich von der Ministerin unterstützt
Nur drei Prozent der Schulleiter fühlen sich in ihrer Tätigkeit von ihrer obersten Dienstherrin Gebauer unterstützt, was ebenfalls noch einmal unter dem schlechten Bundesdurchschnitt von 4 Prozent liegt.
Der Umfrage zufolge hat die Arbeitsmotivation der Schulleitungen in NRW während der Corona-Krise stark gelitten. Während im März noch über die Hälfte der Befragten ihren Beruf sehr gerne ausübte, waren es im November 2020 nur noch 25 Prozent. „Dieser Wert muss ein Weckruf für die Landesregierung sein“, sagte der VBE-Vorsitzende Stefan Behlau.
Als die größten Probleme in der Corona-Krise werden die fehlende Digitalisierung (38%), Personalmangel (29%) und die Umsetzung von Hygieneregeln (26%) gesehen. „Die Schulleitungen sind am Limit, so kann es nicht weiter gehen“, erklärte Behlau. Verhalten optimistisch seien die Schulleitungen dagegen bei den Bemühungen um eine bessere Ausstattung etwa mit WLAN-Anschlüssen und digitalen Endgeräten.
Noch immer ist unklar, wie es mit Distanzlernen weitergehen soll
Im Rahmen der Untersuchung hatte das Institut vom 13. Oktober bis 11. November insgesamt 785 Schulleitungen an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland befragt, darunter 275 in NRW. Die negative Bewertung setzt Schulministerin Gebauer weiter unter Druck, da der VBE bislang eher mit gemäßigter Kritik aufgefallen ist. Am jüngsten „Schulgipfel“ der rot-grünen Opposition hatte die Gewerkschaft ausdrücklich nicht teilgenommen, um das Arbeitsverhältnis zur Landesregierung nicht weiter zu belasten. Die größte Gewerkschaft GEW wirkt hier deutlich kritischer.
Auch nach den Bund-Länder-Beschlüssen zur Lockdown-Fortsetzung bis mindestens Anfang Januar ist weiter unklar, wie NRW die Ansteckungsgefahr in den rund 6500 Schulen im Land senken will. Im Rahmen einer Hotspot-Strategie für Kommunen mit mehr als 200 Infektionen pro 100.000 Einwohner und Woche wird zwar bundesweit ein Wechsel aus Präsenz- und Digitalunterricht dringend empfohlen, doch Ministerpräsidentin Armin Laschet (CDU) hatte danach im Landtag klargestellt, dass es in NRW keinen Automatismus geben werde: „Es geht nicht, dass ganze Städte und Kreise mal eben Distanzunterricht erklären.“
"Maulkorb"-Handout sorgte zuletzt für Empörung
Was ab 1. Dezember gelten soll, will die Landesregierung in einer Neufassung der Corona-Schutzverordnung festlegen. Somit müssen sich die Rektoren wohl darauf einstellen, dass sie erst kurzfristig wieder per „Schulmail“ vom der Landesregierung über Neuerungen informiert werden. Immer wieder hatten in den vergangenen Monaten Dienstanweisungen am Freitagabend mit Wirkung zur Folgewoche Kopfschütteln in den Lehrerzimmern ausgelöst.
Die VBE-Umfrage gilt als eine der wenigen Anhaltspunkte für die tatsächliche Stimmungslage in den Schulen. Zuletzt hatte ein „Maulkorb“-Handout der Bezirksregierung Münster für landesweite Empörung gesorgt. In einem dreiseitigen Papier waren den Schulleitungen explizit Antworten vorgegeben worden, die sie auf besorgte Corona-Nachfragen von Eltern geben sollten, um die Schulen als „sicheren Ort“ darzustellen. Zum Beispiel: „Eltern können sich darauf verlassen, dass die Sicherheit ihrer Kinder für uns höchste Priorität hat.“