Düsseldorf. Wieder leiden Hoteliers und Gastronomen. Wirtschaftsminister Pinkwart fordert eine „neue Strategie“ im Kampf gegen das Virus.

Die neuen Coronamaßnahmen gefährden die zuletzt recht gut verlaufende Erholung der Wirtschaft in NRW. „Es ist äußerst schmerzhaft für einen Liberalen und für einen Wirtschaftsminister, dass jetzt ein Teil der Branchen wie das Hotel- und Gastgewerbe und Reiseveranstalter Sonderlasten für die Gesellschaft tragen muss, obwohl der Nachweis fehlt, dass sie Verursacher der Krise sind“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Donnerstag.

Andere Liberale wie FDP-Parteichef Christian Lindner und sein Vize Wolfgang Kubicki hatten die drastischen Einschränkungen für das Freizeitgewerbe kritisiert. Kubicki riet Betroffenen sogar, dagegen zu klagen.

Pinkwart: "Wir haben im Sommer womöglich zu wenig getan."

Andreas Pinkwart versicherte, dass er hinter den Coronamaßnahmen stehe, auf die sich Bund und Länder am Mittwoch geeinigt hatten. Die Politik müsse aber jetzt an einer „nachhaltigen Strategie“ arbeiten, um den betroffenen Unternehmern nach November wieder Perspektiven zu bieten. Hier sei "im Sommer möglicherweise zu wenig getan worden“, um die Krise einzudämmen und die Wirtschaft zu schützen. Nun müssten zuverlässige und schnelle Corona-Tests entwickelt werden, die Gesundheitsämter benötigten digitale Instrumente für die schnellere Nachverfolgung von Infektionen, der Schutz besonders gefährdeten Menschen müsse verbessert werden, so Pinkwart. Er hinterfragte auch die derzeit übliche Krisenbewertung mit den Inzidenzzahlen.

Nun müssten Hilfen schnell und unbürokratisch Hilfen an die Not leidenden Unternehmer fließen. „Viele Unternehmen haben keine Rücklagen mehr. Zum Teil haben sie erheblich investiert, um durch diese Krise zu kommen. Für diesen Mut dürfen sie nicht bestraft werden“, so der Minister.

Entlassungen stehen bevor

Thomas Meyer, Präsident der Industrie- und Handelskammern in NRW, sprach von „zunehmender Unsicherheit“. Nach aktuellen Umfragen bewerteten etwa 25 Prozent der Unternehmen die Geschäftslage derzeit als gut, 32 Prozent als schlecht. Jedes vierte befragte Unternehmen plane, Personal abzubauen. Das Gastgewerbe trifft die Entwicklung und die November-Beschränkungen überproportional hart. „50 bis 70 Prozent dieser Gewerbetreibenden werden beim Personal restriktiv vorgehen und Investitionen verschieben“, sagte Meyer. Er appellierte an die Politik, den Betroffenen unter die Arme zu greifen: „Wir brauchen Hilfen, um diese vier Wochen durchzustehen. Viele Firmen werden in die Insolvenz getrieben.“

Auch interessant

„Die von Bund und Ländern verabredeten Maßnahmen treffen erneut jene besonders hart, die sich noch nicht von der Krise erholt haben“, warnte Prof. Torsten Schmidt vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Er fürchtet, dass sich die verunsicherten Verbraucher jetzt bei Einkäufen zurückhalten könnten. Die Sparquote habe sich verdoppelt. „In Deutschland liegen 150 Milliarden Euro auf den Sparkonten und warten auf weitere Verwendung“, sagte Schmidt.

Positiv aus seiner Sicht: Die vom Bund angekündigten Hilfen über rund zehn Milliarden Euro dürften die für November erwarteten Umsatzausfälle ausgleichen.

Pandemieentwicklung bringt Wirtschaftsprognosen ins Wanken

Bis zu dem deutlichen Anstieg der Corona-Infektionszahlen in diesen Wochen hatte sich die NRW-Wirtschaft wieder leicht erholt. „Unterm Strich konnte die Hälfte der Verluste bislang wieder aufgeholt werden“, erklärte NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart, um gleich einzuschränken: „Die zweite Hälfte aufzuholen, wird erheblich schwieriger.“ Das RWI rechnete bisher mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr in NRW von 4,5 Prozent und mit einem Wachstum im kommenden Jahr von 4,7 Prozent. Ob diese Prognose jetzt noch realistisch ist, ist ungewiss.

Das RWI sieht dennoch gute Chancen auf eine Erholung der Wirtschaft im kommenden Jahr. Laut Torsten Schmid ist der Einfluss der besonders betroffenen Branchen auf die Gesamtbilanz relativ gering.