Düsseldorf. Thomas Kutschaty will Sebastian Hartmann an der Spitze des größten SPD-Landesverbandes ablösen. Wird Hartmann sich wehren?

Wenige Tage nach den Kommunal-Stichwahlen ist in der NRW-SPD ein Machtkampf um den Landesvorsitz der Partei entbrannt. SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty kündigte am Donnerstag an, beim Landesparteitag am 14. November in Münster für das Amt des Parteichefs zu kandidieren. „Zwei Jahre vor der Landtagswahl ist es eine sinnvolle Entscheidung, Partei- und Fraktionsvorsitz in eine Hand zu geben“, sagte der 52-jährige Essener.

Damit erscheint eine Kampfabstimmung um den Vorsitz im größten SPD-Landesverband möglich. NRW-SPD-Chef Hartmann hatte erst am Montag angekündigt, erneut für eine Kandidatur zur Verfügung zu stehen. Hinter den Kulissen versuchen allerdings einflussreiche Parteifreunde, den mit 43 Jahren noch jungen Bundestagsabgeordneten aus dem Rhein-Sieg-Kreis von einem Verzicht auf den Landesparteivorsitz zu überzeugen. Hartmann selbst zeigte sich gestern überrascht von Kutschatys Vorstoß. Der Landtagsfraktionschef habe mit ihm nicht darüber gesprochen, sagte er.

Brüchiger Burgfrieden

Der „Burgfrieden“ zwischen den beiden Männern hielt also nur bis zur Kommunalwahl. Jetzt bricht die Rivalität zwischen SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty und dem NRW-SPD-Vorsitzenden Sebastian Hartmann voll hervor. Am Donnerstag machte Kutschaty wahr, was viele vermutet hatten: Er gab seine Kandidatur für den Landesvorsitz der SPD bekannt. Am 14. November will er sich von Parteitagsdelegierten zum Vorsitzenden wählen lassen. Vielleicht in einer Kampfabstimmung gegen Hartmann.

Sebastian Hartmann, Chef der NRW-SPD, ärgerte sich über Kutschatys Vorstoß: „Er hat mit mir nicht gesprochen.“  Foto:
Sebastian Hartmann, Chef der NRW-SPD, ärgerte sich über Kutschatys Vorstoß: „Er hat mit mir nicht gesprochen.“ Foto: © dpa | Rolf Vennenbernd

Spätestens bei der Landtags-Fraktionssitzung am Dienstag dürfte Sebastian Hartmann, seit gut zwei Jahren Chef der SPD in NRW, geahnt haben, dass ihm Teile der Partei die Gefolgschaft versagen. „Frostig“ sei die Atmosphäre gewesen, sagen Beobachter. Man nimmt Hartmann übel, dass er nach dem historisch schlechtesten Kommunalwahlergebnis für die SPD von einer „Trendwende“ gesprochen hatte. Und dass er am Montag, kurz nach den Rathaus-Stichwahlen, bei einer Pressekonferenz seine Ambitionen öffentlich machte, Parteichef zu bleiben. Zuvor war im Vorstand der NRW-SPD vereinbart worden, kein Wort über Kandidaturen zu verlieren.

Krisentreffen am Wahlabend

Schon am Abend der Stichwahlen hatten sich SPD-Funktionäre aus den Parteibezirken zu einer Krisensitzung mit Hartmann getroffen Thema: Hartmanns Amtsführung. Bundesparteichef Norbert Walter-Borjans war dabei, Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich, der Chef der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Achim Post, und Thomas Kutschaty.

Am Donnerstag preschte Thomas Kutschaty, der einst auch die frühere SPD-Parteichefin Andrea Nahles unter Druck gesetzt hatte, mit seiner Bewerbung vor. Er erzählte der Presse, was er schon den Parteifreunden in einer Mail geschrieben hatte: Er stamme aus einfachen Verhältnissen im Essener Norden, habe erst mit sechs Jahren ein eigenes Kinderzimmer gehabt, habe aber von den Aufstiegschancen in der Brandt-Ära profitieren können. Heute gehe es wieder ungerechter zu: Man könne an der Postleitzahl ablesen, welche Berufs- und Bildungschancen ein Kind habe. Dagegen wolle er kämpfen.

Hartmann fühlt sich getäuscht

Kritik an Hartmann versteckte Kutschaty in diesem Satz: „Ich werde mich als Vorsitzender nicht damit zufrieden geben, Programme und Anträge zu beschließen.“Hartmann warf Kutschaty danach ein übles Spiel vor: „Während ich als erster Redner im Bundestag die Debatte zur Innenpolitik in der Haushaltswoche für die SPD eröffnete, erhielt ich von Kollegen den Kandidaturbrief Thomas Kutschatys zugeleitet. Er hat mit mir nicht gesprochen. Das Wichtigste ist mir die Einheit der NRWSPD, nur dadurch ist sie stark“, schrieb er.

Die Mail, in der Kutschaty am Donnerstag auch Hartmann über seine Kandidatur informierte, war um 8,38, eine Dreiviertelstunde vor der Rede im Bundestag, abgeschickt worden.