Düsseldorf. Wird die NRW-SPD bald von einer Doppelspitze geführt. Parteichef Sebastian Hartmann verriet nach der Stichwahl die neuesten Pläne.

In Düsseldorf, Wuppertal und Mülheim verloren, in Dortmund, Hamm und Mönchengladbach gewonnen – Die kommunalen Stichwahlen haben der SPD „Licht und Schatten“ gebracht, wie Landesparteichef Sebastian Hartmann am Montag resümierte. Er weiß: Es hätte alles schlimmer kommen können, auch für ihn persönlich. Nun aber meint er Rückenwind zu spüren für den Landesparteitag der SPD im November in Münster.

Früh am Montagmorgen hatte Hartmann, seit gut zwei Jahren Chef der NRW-SPD, zur Pressekonferenz nach Düsseldorf eingeladen. Nach der Kommunalwahl vor zwei Wochen musste der 43-Jährige viel Kritik einstecken für seine Deutung, die SPD habe eine „Trendwende“ geschafft. Am Montag, nach der gelungenen Verteidigung der SPD-“Herzkammer“ Dortmund und dem fast schon sensationellen Abschneiden der SPD-Kandidaten in Hamm und Mönchengladbach, wollte Hartmann der Erste sein, der die Stichwahlen deutet, noch bevor ein anderer aus seiner Partei dies tun konnte.

Vor dem Parteitag blühen die Spekulationen

Wer wird die NRW-SPD künftig leiten? Wer wird sie als Spitzenkandidat in die Landtagswahl 2022 führen? Bis zur Kommunalwahl haben sich alle, die in Partei und Landtagsfraktion etwas zu sagen haben, sehr darum bemüht, diese Fragen möglichst nicht zu beantworten. Denn Personalstreit und Wahlkampf sind eine explosive Mischung. Jetzt aber bleiben nur noch sieben Wochen bis zum entscheidenden Parteitag, und die Frage nach dem Personal wird immer lauter.

Die wohl wichtigste Info des Tages gab Hartmann erst auf Nachfrage preis: Der SPD-Landesvorstand dürfte dem Parteitag einen Antrag für die Option einer Doppelspitze vorlegen. Übersetzt heißt das: Möglicherweise wird die NRW-SPD bald von einer Frau und einem Mann geführt werden, analog zur Bundesspitze der SPD aus Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. „Es können nicht zwei Jungs gewählt werden“, stellte Hartmann klar, denn die SPD achtet auf die Quote. Und möglicherweise wird im November in Münster auch gleich darüber entschieden, welches Duo künftig an der Spitze des mit 102.000 Mitgliedern größten SPD-Landesverbandes steht.

Parteichef Hartmann: "Ich stehe als Vorsitzender wieder zur Verfügung"

Der Bundestagsabgeordnete Hartmann betont, dass er diesen Antrag „selbstverständlich unterstützt“. Und dass er auch wiedergewählt werden möchte: „Ich stehe als Landesvorsitzender wieder zur Verfügung. Punkt.“

Für den weiblichen Part einer Doppelspitze käme Svenja Schulze (51) in Frage. Die Münsteranerin füllt bisher unfallfrei das Amt der Bundesumweltministerin aus und ist das derzeit wohl prominenteste Gesicht der NRW-SPD. Sollte SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty, dem ebenfalls Ambitionen auf den SPD-Landesvorsitz nachgesagt werden, eine Doppelspitze mit Schulze bilden, dann hätte dies nach Einschätzung von Beobachtern strategische Vorteile: Schulze könnte die NRW-SPD eng an den Bund anbinden, Kutschaty wäre dann nicht nur Oppositionsführer im Landtag, sondern auch SPD-Landesvorsitzender und könnte in dieser Doppelfunktion die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl anstreben. Kutschaty und Schulze kommen zudem aus unterschiedlichen Parteibezirken, und in der SPD sind solche Regionalfragen besonders wichtig.

Marc Herter dürfte sich jetzt nur auf Hamm konzentrieren

Einer, dessen Stern seit der Stichwahl am Sonntag hell strahlt, dürfte sich nicht persönlich in den Wettstreit um den Landesvorsitz einmischen: Marc Herter, Landtagsabgeordneter und bald Oberbürgermeister in Hamm, brächte wohl die Fähigkeiten mit, muss aber erst einmal im neuen Amt richtig Fuß fassen. Und der Ostwestfale Achim Post, Chef der NRW-Landesgruppe im Bundestag, wäre mit seinen 61 Lebensjahren wohl kein Mann für die Zukunft.

Bisher ist das nur Spekulationen. Und Sebastian Hartmann dürfte seine eigenen Ambitionen auf Landesvorsitz und Spitzenkandidatur nicht so schnell begraben. „Ich bin ein großer Anhänger davon, dass die Mitglieder über die SPD-Spitzenkandidatur entscheiden“, sagte er am Montag einmal mehr. Mehrere Kandidaten und ein fairer Wettstreit sollten es sein.

Einheit soll das Ziel sein

Jetzt, so Hartmann, solle erst einmal die Kommunalwahl gründlich analysiert werden: „Wir müssen aus den Fehlern lernen und den Siegern genau zuhören.“ Personalstreitigkeiten könne man den Wahlkämpfern der Partei, die in den vergangenen Tagen so engagiert unterwegs gewesen seien, nicht zumuten. „Wir schulden ihnen die Einheit der Partei“, sagte Hartmann. Die Doppelspitze Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans habe zusammen mit Olaf Scholz „ein Signal der Stärke und Einheit“ gesetzt. So solle es möglichst auch in NRW sein. Ob dieser Ruf nach Einheit noch sieben Wochen bis zum Parteitag hält, ist allerdings ungewiss.