Düsseldorf. Dortmund und Düsseldorf sind am Sonntag bei den Stichwahlen wohl die wichtigsten, aber nicht die einzigen Wahl-Hotspots.
Stichwahlen sind in NRW fast schon traditionell umstritten. Das Verfassungsgericht sorgte 2019 dafür, dass CDU und FDP sie nicht erneut abschaffen durften und so am Sonntag ein zweiter Wahlgang möglich wird. Das Gute daran: Es wird vielerorts spannend. Und die Nachbeben der Wahlen könnten SPD und CDU erschüttern.
Die SPD zittert in Dortmund
Seit der Ernennung von Fritz Henßler im Oktober 1946 zum Oberbürgermeister waren alle Dortmunder Ratshauschefs Sozialdemokraten. Nach 74 Jahren aber muss die SPD um die Vorherrschaft in ihrer „Herzkammer“, wie Herbert Wehner die Stadt einst pries, bangen. Zwar bröckeln die SPD-Ergebnisse dort schon lange. Aber nun geht es um den Chefposten im Rathaus.
Halb Deutschland wird am Sonntag auf die Stichwahl in Dortmund blicken, denn die Grünen haben sich mit der CDU verbündet, um der SPD den Rang in der symbolisch so wichtigen Stadt abzulaufen. SPD-Oberbürgermeisterkandidat Thomas Westphal holte vor zwei Wochen 35,9 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer Andreas Hollstein von der CDU zehn Prozent weniger. Aber nun fordern die Grünen ihre Anhänger zur Wahl von Hollstein auf. Sollte Westphal scheitern, dürfte die NRW-SPD in eine tiefe Depression stürzen.
Ringen um die Landeshauptstadt
Düsseldorf ist nicht so klar einer Partei zuzuordnen wie bisher Dortmund. Oberbürgermeister Thomas Geisel ist seit 2014 Chef im Rathaus, seit Vorgänger war Dirk Elbers von der CDU. Geisel (26,3 Prozent der Stimmen) trifft am Sonntag auf einen starken Unions-Kandidaten: Stephan Keller, der vor zwei Wochen 34,2 Prozent der Stimmen erreichte. Ein Erfolg in der Landeshauptstadt ist prestigeträchtig für SPD und CDU. Geisel muss zittern, die Union rechnet sich Chancen auf den „Rückgewinn“ der rheinischen Metropole aus.
Grüne wollen Rathäuser erobern
Die klaren Sieger bei der Kommunalwahl am 13. September waren die Grünen. Sie schafften mit 20 Prozent im Landesschnitt ihr historisch bestes Ergebnis. Und das Allerbeste könnte ihnen noch bevorstehen. Denn sie haben Chancen, Stichwahlen in Großstädten für sich zu entscheiden und damit erstmals Oberbürgermeister zu stellen.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dürfte nervös auf seine Heimat Aachen schauen, denn hier geht Sibylle Keupen (parteilos), die Kandidatin für die Grünen (38,9 Prozent am 13. September), als Favoritin ins Rennen gegen Harald Baal (CDU). In Wuppertal könnte sich der Grünen-Kandidat Uwe Schneidewind (40,8 Prozent), der von der CDU unterstützt wird, gegen Andreas Mucke (37 Prozent) von der SPD behaupten. Und in Bonn erreichte vor zwei Wochen Katja Dörner mit 27,6 Prozent ein respektables erstes Ergebnis im Wettstreit mit Amtsinhaber Ashok Sridharan (CDU, 34,5 Prozent).
Hier könnte die SPD punkten
Seit 21 Jahren ist Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) Oberbürgermeister in Hamm. Er gilt als bodenständiger Kümmerer, der sich traut, der CDU/FDP-Regierung in Düsseldorf die Meinung zu sagen. Doch die Macht des OB bröckelt, und die SPD könnte in Hamm einen Coup landen. Marc Herter, der 2018 SPD-Fraktionschef im Landtag werden wollte und nach dem Wunsch der damaligen Parteiführung auch werden sollte, aber am Ende Thomas Kutschaty unterlag, verwies Hunsteger-Petermann in der ersten Runde auf Platz zwei. Er erreichte 40,7, der Amtsinhaber nur 33,4 Prozent. Nach dem großen Coronaausbruch in Hamm ist Hunsteger-Petermann nicht als Wahlkämpfer, sondern als Krisenmanager gefragt.
In Mülheim liefern sich die renommierte Bundespolitikerin und frühere niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn (25,3 Prozent) und Kulturdezernent Marc Buchholz von der CDU (25,4 Prozent) ein Duell auf Augenhöhe. Skandale um Noch-Rathauschef Ulrich Scholten hatten die SPD geschwächt.
In Köln, der einzigen Millionenstadt in NRW, schien die Sache vor der Kommunalwahl klar zu sein. Amtsinhaberin Henriette Reker (parteilos, unterstützt von CDU und Grünen) lag in einer Umfrage weit vorne, muss jetzt aber doch in die Stichwahl. Hier misst sich Reker (45,1 Prozent) mit Andreas Kossiski (SPD, 26,8). Ein Sieg des SPD-Kandidaten ist unwahrscheinlich, aber es winkt ein Achtungserfolg.
In Mönchengladbach darf die SPD auf einen Erfolg des 31 Jahre jungen Felix Heinrichs hoffen.
Umkämpfte Rat- und Kreishäuser im Revier
In Gelsenkirchen geht es um die Nachfolge von OB Frank Baranowski (SPD). Karin Welge (SPD) lag hier vor zwei Wochen deutlich vor Malte Stuckmann (CDU). In Oberhausen messen sich der favorisierte OB Daniel Schranz (CDU) und Thorsten Berg (SPD). Im Kreis Recklinghausen bewerben sich Bodo Klimpel (CDU) und Michael Hübner (SPD) um den Chefposten im Kreishaus, im Kreis Unna Mario Löhr (SPD) und Marco Morten Pufke (CDU).