Essen. Älteren Menschen fehlt ein wichtiger Abwehrmechanismus gegen das Corona-Virus. Eine frühe Therapie kann hier eingreifen, zeigt eine neue Studie.
Ältere Menschen gelten als besondere Risikogruppe in der Corona-Pandemie. Durch eine rechtzeitige Behandlung von Covid-19-Patienten mit speziellen Medikamenten, die das Abwehrsystem des Körpers aktivieren, könnten schwere Krankheitsverläufe verhindert werden. Diesen Schluss legt eine neue Studie nahe, die von Essener und Bochumer Virologen erstellt wurde.
Bekannt ist, dass das Risiko einer schweren Erkrankung mit dem Alter ständig ansteigt. Offenbar kann das Immunsystem von alten Menschen nicht mehr in vollem Umfang auf eine Infektion mit Sars-Cov-2-Viren reagieren. Warum das so ist, hat die zur Veröffentlichung angenommene Studie an 30 infizierten Patienten nun genauer untersucht.
Älteren Patienten fehlen die Killer-Zellen
„Im Körper gibt es zwei Mechanismen, die das Immunsystem benutzt, um eine Virusinfektion zu kontrollieren“, erklärt Prof. Ulf Dittmer, Leiter des Instituts für Virologie am Uniklinikum Essen. Antikörper können das Eindringen des Virus in eine Körperzelle verhindern und dadurch die Virusvermehrung bremsen. Ist eine Zelle bereits infiziert, kommen sogenannte Killer-T-Zellen zum Einsatz. „Sie erkennen virusinfizierte Zellen und töten sie ab. Die Virusproduktion wird dadurch gestoppt“, so Dittmer.
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Um diese Vorgänge zu analysieren, haben die Virologen das Blut infizierter Patienten untersucht. „In dem Blut jüngerer Covid-19-Patienten haben wir eine klare Aktivität von Killer-T-Zellen gesehen und gemessen“, sagt Dittmer dieser Redaktion. „Doch bei Patienten im Alter von 80 Jahren und älter haben wir diese Zellen nicht mehr gefunden oder wenn, dann zeigten sie kaum Aktivität.“ Dies sei ein Hinweis darauf, warum ältere Menschen schwerer von der Krankheit betroffen sind als jüngere. Ihnen fehlt dieser wichtige Abwehrmechanismus.
Ansatzpunkte für eine Covid-19-Behandlung
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Bislang sei wenig über die Aktivität von Killer-T-Zellen bei älteren Menschen bekannt, so der Virologe. „Vor Sars-Cov-2 hat sich kaum jemand damit befasst.“ Einzig eine ältere Studie in Japan mit Menschen im Alter von über 100 Jahren, die sich mit den biologischen Voraussetzungen für ein hohes Alter befasste, habe gezeigt, dass diese Menschen noch Killer-T-Zellen aufwiesen. „Sie sind offenbar eine Bedingung dafür, ein sehr hohes Alter zu erreichen“, so Dittmer. Normalerweise reduziere sich die Zahl dieser Zellen im Alter oder ihre Aktivität lasse stark nach.
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Die Studie, die maßgeblich von Dr. Gennadiy Zelinskyy vom Essener Uniklinikum erstellt wurde, verweist damit auf einen neuen Ansatzpunkt für eine Therapie. „Mit Medikamenten könnte man bei älteren Covid-19-Patienten die Killer-T-Zellen gezielt vermehren und aktivieren“, schlägt Dittmer vor. Dazu müssten diese Mittel allerdings frühzeitig eingesetzt werden. Denn bei einem weiteren Verlauf der Infektion – insbesondere bei Lungenentzündungen – wäre eine solche Therapie kontraproduktiv. Dann könnten die T-Zellen den Krankheitsverlauf noch verschlimmern indem sie die Lunge schädigen. Dittmer: „Das macht die Therapie schwierig, denn es kommt auf den exakten Zeitpunkt an.“
Hinweise für einen möglichen Impfstoff
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Zudem liefere die Studie Hinweise für die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Sars-Cov-2-Virus, betonen die Forscher. „Es ist wichtig, dass ein möglicher Impfstoff nicht nur Antikörper gegen das Virus induziert, sondern zugleich die Killer-T-Zellen des Immunsystems aktiviert“, sagt Dittmer.
Nach Auskunft der Wissenschaftler ist die Studie bereits begutachtet und von einem Fachjournal angenommen worden. Die Arbeit in den nächsten Tagen veröffentlicht werden.