Düsseldorf. Englisch soll in NRW auf die 3. Klasse verschoben werden. Das schafft Raum für andere Sprachen, sagen Migrantenvertreter.
Der Landesintegrationsrat nimmt den von der NRW-Landesregierung beschlossenen späteren Start des Englischunterrichts in Grundschulen zum Anlass, den Ausbau des herkunftssprachlichen Unterrichts zu fordern. „Es ist in Ordnung, dass Englisch künftig erst ab der 3. Klasse gelehrt wird, weil es eine Fremdsprache ist. Es wäre aber sinnvoll, wenn Kinder aus internationalen Familien schon ab der ersten Klasse ihre Familiensprache in der Schule lernen würden“, sagte Tayfun Keltek, Chef des Landesintegrationsrates. Wenn Unterricht in Italienisch, Polnisch, Türkisch, Russisch und Arabisch angeboten würde, könnte man damit zwei Drittel der Schüler mit Migrationshintergrund erreichen. Der Integrationsrat meint, dass solche Angebote den Schulerfolg dieser Kinder und das Erlernen der deutschen Sprache begünstigten.
Der Integrationsrat hat gleich zwei neue Broschüren zu dem Thema veröffentlicht: „Natürliche Zwei- und Mehrsprachigkeit als Schlüssel zum Schulerfolg“ und „Anerkennung von ethnischer Identität und Sprache“. Außerdem können Lehrer eine neue „Handreichung“ erhalten mit Informationen für den Unterricht über die Arbeit der Integrationsräte in NRW und die politische Teilhabe von Migranten.
"Zwei oder mehrere nationale Identitäten sind möglich", so der Integrationsratschef
Wenn Menschen mehrere nationale Identitäten haben – sich zum Beispiel als Deutsche und Türken fühlen – sei dies kein Defizit, findet Keltek. Im Gegenteil. Das sei nur menschlich und auch problemlos möglich. „Ich bin gerne Deutscher, liebe aber auch die Türkei. Das bleibt in meiner Seele“, sagte der Vorsitzende des Landesintegrationsrates am Mittwoch. Ähnlich verhalte es sich mit der Zwei- und Mehrsprachigkeit. Ansichten wie „Kinder mit Migrationshintergrund sollten besser nur Deutsch lernen“ seien nicht vernünftig. Der Verzicht auf das gründliche Erlernen der Familiensprache schade den Kindern.
Keltek rief alle rund drei Millionen Wahlberechtigten auf, sich am 13. September zeitgleich zu den Kommunalwahlen an den Integrationsratswahlen zu beteiligen. Die Wahlbeteiligung war im Jahr 2014 mit rund 14 Prozent nur sehr gering. Für viele Migranten seien Integrationsratswahlen die einzige Chance, durch ihre Stimme das politische Leben in ihrer Stadt mitzubestimmen. Obwohl die Zahl der Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund in NRW seit Jahren steige, engagierten sich nur wenige Migranten aktiv in den Parteien. Das Interesse der Parteien an diesen Bürgern sei leider noch immer gering, kritisierte der Landesintegrationsrat.
Integrationsräte werden am 13. September gewählt
Der Integrationsrat ist die kommunale Vertretung aller Migranten. In ihm sitzen (in der Regel) zwei Drittel Migrantenvertreter und ein Drittel Ratsmitglieder. Die Wähler -- Ausländer, Aussiedler, Eingebürgerte -- müssen mindestens 16 Jahre alt sein, seit einem Jahr rechtmäßig im Bundesgebiet wohnen und seit dem 28. August in der Gemeinde ihre Hauptwohnung haben.