Der Bund fördert Intensivbetten für Covid-19-Patienten, die Kliniken neu schaffen - nun gibt es Unklarheiten um die tatsächliche Anzahl.
Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen wehren sich gegen den Generalverdacht, an der Corona-Krise verdient zu haben. Die Kliniken hätten innerhalb kürzester Zeit viele zusätzliche Intensivbetten bereitgestellt und ihre Struktur umgestellt, um auf die Pandemie reagieren zu können, sagte ein Sprecher der Krankenhausgesellschaft NRW. „Ihnen jetzt vorzuwerfen, sich zu bereichern, das ist nicht gerecht“, so der Sprecher.
In der Anfangszeit der Pandemie sollte die Zahl der Intensivbetten in Deutschland verdoppelt werden, damit im Krisenfall die Versorgung gewährleistet werden kann. Für jedes zusätzliche Bett zahlte der Bund den Krankenhäusern 50.000 Euro. Bisher sind 30 Millionen Euro geflossen. Recherchen der ARD zufolge haben die Kliniken aber rein rechnerisch mehr Steuergelder erhalten als tatsächlich Behandlungsmöglichkeiten für Covid-19-Patienten zur Verfügung stehen: Es sollen rund 7300 Betten für Beatmungspatienten fehlen, für die der Bund rund 360 Millionen Euro bezahlt habe. Betriebskassen wie die Viactiv mit Sitz in Bochum oder dem BKK-Landesverband Nordwest fordern Aufklärung.
In NRW sind rund 1600 Intensivbetten geschaffen worden
In NRW liegt die Differenz bei aktuell etwa 500 Betten. Am Anfang der Pandemie haben in den rund 340 NRW-Kliniken etwa 6100 Intensivbetten zur Verfügung gestanden. Sie werden in einem landeseigenen Melderegister geführt. Das NRW-Gesundheitsministerium erklärte gegenüber dieser Redaktion, dass bisher rund 1600 zusätzliche Intensivbetten mit 80 Millionen Euro gefördert worden seien. Statt der zu erwartenden 7700 Betten stehen laut dem neuen tagesaktuellen Bundesmelderegister „Divi“ aber rund 7200 Intensivbetten zur Verfügung.
Die Krankenhausgesellschaft NRW weist die Kritik zurück, dass Betten tatsächlich fehlten. Den Ländern würden jedes Jahr zwar die Intensivbetten gemeldet – aber nicht jedes dieser Betten sei auch für Beatmungspatienten geeignet. Deshalb sei die Zahl der anfangs zur Verfügung stehenden Kapazitäten im Landesregister auch nicht mit den aktuell geschaffenen Beatmungsbetten im neuen Bundesregister zu vergleichen.
Ministerium: Register sind aktuell nicht zu vergleichen
Einige vorhandene Intensivbetten seien dank der Fördermittel mit Beatmungsgeräten ausgestattet worden, heißt es weiter. Zudem würden nicht alle zusätzlich geschaffenen Kapazitäten sofort und durchgängig betrieben, weil bestellte und bezahlte Beatmungsgeräte noch nicht geliefert seien oder weil Personal fehle.
Das NRW-Gesundheitsministerium unterstreicht, dass sich das Plus von 1600 Intensivbetten im Landesregister widerspiegele. Allerdings ließen sich diese Angaben zum aktuellen Zeitpunkt nicht mit dem Bundes-Melderegister vergleichen. Zusammen mit dem Bund und dem Robert Koch-Institut soll das Problem gelöst werden.
Den Betriebskassen reicht das nicht: Sie fordern auch über die Ausgleichszahlung, die Kliniken für freigehaltene Stationsbetten erhalten, mehr Transparenz.