Düsseldorf. Der neue “NRW-Trend“ des WDR bringt einen kuriosen Befund: Ordentliche Noten für die Landesregierung, mäßige für den Chef. Was steckt dahinter?
Es war wohl kein Zufall, dass sich Armin Laschet am Sonntagmorgen zum ersten Mal seit Monaten wieder substanziell zur Machtfrage in der Union äußerte. In einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ untermauerte er den Anspruch der CDU, den Kanzlerkandidaten der Union für die Bundestagswahl 2021 zu stellen. „Viele in der Union teilen die Auffassung, dass die Erfolge unter Konrad Adenauer, Helmut Kohl und Angela Merkel auch auf die Verbindung von Kanzlerschaft und Parteivorsitz zurückzuführen sind“, sagte der NRW-Ministerpräsident. Das habe er selbst auch immer so gesehen und gesagt.
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Die Aussage glich einer Selbstbewerbung, denn Laschet will im Dezember beim Bundesparteitag im Gespann mit Gesundheitsminister Jens Spahn Nachfolger der glücklosen Kurzzeit-Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer werden. Die unausgesprochenen Ambitionen des aktuell ungeheuer populären CSU-Chefs Markus Söder auf die kurz darauf zu vergebende Spitzenkandidatur bremste Laschet freundlich aus. Er gehe weiter davon aus, dass Söder nicht als Kanzlerkandidat zur Verfügung stehe: „Dazu hat er sich ja schon selbst klar geäußert. Das nehme ich ernst.“
Die CDU bleibt mit Abstand stärkste politische Kraft in NRW
Am Sonntagnachmittag kam ein fast erwartbarer Dämpfer für Laschets hochfliegende Ambitionen. Der „NRW-Trend“ des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap errechnete im Auftrag des WDR, dass die Zustimmung für den Ministerpräsidenten in den vergangenen zwei Monaten regelrecht eingebrochen sei. Aktuell seien nur noch 46 Prozent der Befragten zufrieden mit der Arbeit Laschets, 45 Prozent dagegen unzufrieden.
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Im Vergleich zu seinem persönlichen Bestwert während der Corona-Krise im April verliert er somit deutlich an Rückhalt. Damals waren 65 Prozent der Befragten zufrieden. Zudem fällt das Urteil über Laschets Arbeit aktuell sogar schlechter aus als vor der Pandemie: Im November 2019 waren noch 54 Prozent der Bürger mit ihm zufrieden.
Die CDU bleibt zwar mit sehr ordentlichen 37 Prozent (-3) in der Sonntagsfrage mit Abstand stärkste Kraft in NRW, während die frühere Volkspartei SPD (plus 1) nur noch mit Grünen gleichauf bei jeweils 20 Prozent liegt. Weil aber die FDP weiter bei 7 Prozent dümpelt und nur noch ebenso stark ist wie die AfD (plus 1), verfügt Schwarz-Gelb heute über keine Regierungsmehrheit mehr.
Gute Noten für die Landesregierung, mäßige für Laschet: Was ist da los?
Zu denken geben muss Laschet ein eklatanter Widerspruch in den Zahlen: Mit 62 Prozent (-8) ist weiterhin eine deutliche Mehrheit in NRW zufrieden mit der Arbeit seiner Landesregierung. Eine Mehrheit von 60 Prozent der Befragten findet auch den Umfang der Erleichterungen in der Corona-Krise alles in allem richtig. Warum also brechen trotz grundsätzlicher Zustimmung zum Laschet-Kurs die persönlichen Laschet-Werte derartig ein?
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In der Corona-Krise ließen sich wie unter einem Brennglas die Stärken und Schwächen dieses Ministerpräsidenten beobachten. Laschet hatte bundesweit als Erster des richtigen Instinkt, bei der Virus-Eindämmung stärker die sozialen und wirtschaftlichen Kollateralschäden in den Blick zu nehmen. Er war auf allen Kanälen präsent, berief einen Experten-Rat aus möglichst vielen Fakultäten und finanzierte eine wissenschaftliche Studie zur Erforschung des Corona-Hotspots Gangelt im Kreis Heinsberg. Doch mit unglücklichen TV-Auftritten, einem zwielichtigen PR-Geklingel um die „Heinsberg-Protokolle“ und handwerklichen Fehlern beim „Pandemiegesetz“ des Landes brachte er sich immer wieder in die Defensive. Der Zick-Zack-Kurs bei der Schulöffnung entsetzte viele Lehrer und Eltern. Mit fahrigen Auftritten vermittelte Laschet überdies zu selten den Eindruck eines kurssicheren Krisenmanagers.
Anders als bei Söder wird bei Laschet Führungsstärke nicht sichtbar
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Anders als der perfekt ausgeleuchtete Staatsmann Markus Söder wirkt Laschet in seiner Außendarstellung oft undiszipliniert und schlecht beraten. Langjährige Weggefährten sehen deshalb mit Sorge, dass seine unbestreitbaren Talente vor dem CDU-Bundesparteitag nicht wie gewünscht zur Geltung kommen könnten. Anders als sein Hauptkonkurrent um den Parteivorsitz, Friedrich Merz, ist Laschet kein kantiger Flügelmann, sondern eher der Typ freundlicher Versöhner. Er ist eigentlich ein Anti-Polarisierer und stünde - anders als Merz - nicht für den Bruch mit Kanzlerin Merkel, die der Union gerade wieder zu Werten um 40 Prozent verhilft. Laschet habe - anders als Merz - schon mal eine Wahl gewonnen und zeige jeden Tag, dass er Regieren könne, wird in Düsseldorf gern betont. Allerdings muss sich Führungsstärke dem Bürger auch in Bildern, Gesten und Symbolen vermitteln. Da bescheinigt der neue „NRW-Trend“ Laschet erhebliche Defizite.