Essen/Jerusalem. Zahl der Corona-Infektionen stieg stark an. Viele Kitas und Schulen mussten wieder schließen. Mahner in NRW sehen Befürchtungen bestätigt.

Am kommenden Montag werden alle Grundschulkinder in NRW wieder in ihre Klassen gerufen. Schulleiter, Gewerkschaften und Lehrerverbände warnten nach der Entscheidung des NRW-Schulministeriums vor den Gesundheitsrisiken, eine zweite Infektionswelle sei zu befürchten. Aktuelle Entwicklungen in Israel zeigen, dass Schulen zu neuen Infektionsherden werden können. Hier mussten viele Schulen nach steigenden Infektionszahlen wieder geschlossen werden.

„Dank rigoroser Maßnahmen ist die Zahl der Todesopfer in Israel mit rund 300 vergleichsweise niedrig geblieben“, berichtet der Erziehungswissenschaftler Uriel Kashi, der mit seiner Familie in Jerusalem lebt und häufig für die Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn arbeitet. „Doch dann gab es etwa 150 Infektionen allein an einem Gymnasium in Jerusalem.“ Vermutlich habe ein Lehrer als „Superspreader“ viele andere Menschen infiziert.

Infektionszahlen stiegen stark an

Nach einem deutlichen Rückgang der Corona-Infektionen hatte Israel vor knapp einem Monat mit der Öffnung der Schulen für alle Jahrgänge begonnen. Die Regierung argumentierte, dies sei notwendig, um die Wirtschaft des Landes wieder in Gang zu bringen. Doch jetzt mussten etwa 130 Schulen und Kindergärten wieder geschlossen werden, da die Infektionszahlen seit Ende Mai erneut anstiegen.

Während zu Beginn der Krise vor allem Alternsheime betroffen waren, sind offenbar nun Schulen die neuen Infektionsherde. Bei rund 350 Schülern wurde das Virus seitdem nachgewiesen, mehr als die Hälfte davon aus Schulen in Jerusalem. Rund 17.500 Schüler und Lehrer befinden laut Deutscher Presseagentur sich in häuslicher Quarantäne.

Hygienemaßnahmen haben nicht gegriffen

„Die Hygienemaßnahmen an den Schulen haben in der Praxis offensichtlich nicht funktioniert“, meint Uriel Kashi, Vater von zwei Kindern im Alter von 14 und 16 Jahren. Zwar sollten die Schüler den ganzen Tag Masken tragen, doch viele hätten sie nur aufgesetzt, wenn der Lehrer gerade hingeschaut habe, so Kashi. Auch die Abstandsregeln wurden von den Kindern wohl nicht immer beachtet.

Die Regeln im Kampf gegen das Virus sind streng in Israel. Sobald ein Corona-Fall auftritt, muss die Schule sofort geschlossen werden. Lehrer und Schüler werden getestet und müssen notfalls in Quarantäne bleiben. Andere Schulen sind nach dem Neuanstieg der Infektionen zu einer Mischung aus Präsenz- und Fernunterricht per Videokonferenz übergegangen. „Meine Kinder gehen an einem Tag zur Schule, und am nächsten Tag bleiben sie zu Hause“, berichtet Kashi.

Mahner fühlen sich bestätigt

Die Entwicklung in Israel bestätigt die Mahner hierzulande. Ein breites Bündnis aus Landeselternschaften, Verbänden und Gewerkschaften spricht sich gegen eine generelle Öffnung der Schulen aus. Als „Spiel mit dem Feuer“ hatte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) den geplanten Regelbetrieb an Grundschulen kritisiert. Die Gesundheitsrisiken seien weiterhin hoch. Ähnlich argumentiert die Bildungsgewerkschaft GEW. „Die Vorgaben gaukeln vor, sicheren Schulbetrieb zu ermöglichen. Das ist schlechte Politik zu Lasten der Beschäftigten“, sagte Maike Finnern, GEW-Vorsitzende in NRW.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer hält jedoch an ihren Plänen fest. „Jeder Tag zählt“, sagte sie. Der Präsenzunterricht sei „gerade für Grundschüler“ pädagogisch wichtig. Außerdem würden damit die Eltern, die „enorme Herausforderungen meistern müssen“, entlastet. Uriel Kashi ist skeptisch: „Man kann Kinder nicht dazu bringen, immer alle Regeln einzuhalten“, meint der Vater.