Düsseldorf. Die Hoffnung war groß, dass der Bund dem Ruhrgebiet den Schuldenschnitt ermöglicht. Dazu wird es nicht kommen. Nun soll das Land NRW zahlen.

Nach der Einigung der Bundesregierung auf ein milliardenschweres Konjunkturprogramm macht sich in NRW und besonders im Ruhrgebiet Ernüchterung breit. Der Kompromiss enthalte zwar gute Ergebnisse für die Städte wie eine höhere Beteiligung des Bundes an den Wohnkosten für Arbeitslose und ein Ausgleich für wegbrechende Gewerbesteuer-Einnahmen. Aber das größte Problem vieler Städte in NRW – die Altschulden – wurde nicht gelöst.

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„Wir sind tief enttäuscht“, sagte der Wuppertaler Stadtdirektor Johannes Slawig (CDU) für das Kommunal-Bündnis „Für die Würde unserer Städte“, in dem sich unter anderen Mülheim, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen und Dortmund engagieren. Die verschuldeten Revierstädte hatten bis zuletzt gehofft, dass die Große Koalition in Berlin dem Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) folgt, die kommunalen Altschulden zu einem großen Teil vom Bund tilgen zu lassen.

Werden die Revierstädte jetzt wieder abgehängt?

Der Kommunal-Experte Jörg Bogumil (Ruhr-Universität Bochum) warnte vor möglicherweise fatalen Folgen für die Region. „Das, was in Berlin vereinbart wurde, löst für die Kommunen des Ruhrgebietes kein Problem“, sagte der Professor dieser Redaktion. Er befürchtet, Bochum, Herne, Oberhausen und die anderen Städte an der Ruhr könnten im Wettbewerb mit anderen Kommunen in NRW und Deutschland weiter abgehängt werden. Auf den Haushalten der NRW-Kommunen lasten rund 24 Milliarden Euro Kassenkredite.

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Ab sofort richten sich die Begehrlichkeiten der armen Städte auf die Landesregierung. „Jetzt muss sich NRW um die Lösung der Altschuldenprobleme kümmern“, sagte Jörg Bogumil. „Bei den Schulden nehme ich insbesondere die Bundes-CDU beim Wort: Altschulden sind alleinig Ländersache? Dann ist nun Herr Laschet gefordert“, sagte der Sprecher der Ruhr-SPD, Frank Baranowski. Der Kommunalfinanzexperte Prof. Martin Junkernheinrich betonte, die Zuständigkeit für die kommunalen Schulden liege „primär bei den Ländern“.

Armin Laschet lobte den Berliner Kompromiss: „Luft zum Atmen“ für die Kommunen

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ging am Donnerstag nicht auf die Altschulden ein. Er lobte den Berliner Kompromiss. Es sei „sehr klug“ gewesen, die Kommunen zum Beispiel bei den Kosten der Unterkunft strukturell zu entlasten, sagte Laschet. Dadurch hätten „die Kommunen Luft zum Atmen“.

Mehrdad Mostofizadeh, kommunalpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, forderte den Ministerpräsidenten zum Handeln auf: „Laschet ist jetzt vor allem gefordert, umgehend ein eigenes Entschuldungskonzept für die Kommunen vorzulegen. Die Entlastung bei den Kosten der Unterkunft verbunden mit einem Altschuldenfonds wäre ein echter Neustart. Ein solches Entschuldungskonzept sollte die vollständige Tilgung der Kassenkredite innerhalb der nächsten 30, maximal 35 Jahre vorsehen.“

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Von Tim Braune und Kerstin Münstermann

Zwei große kommunale Spitzenverbände in NRW – Städtetag und Städte- und Gemeindebund – freuen sich über das Konjunkturprogramm des Bundes. „Es eröffnet den Kommunen in NRW die Aussicht auf dringend benötigte Hilfen. Nun kommt es darauf an, dass auch die Länder schnell und entschlossen mitziehen“, erklärten Roland Schäfer, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW und Bürgermeister der Stadt Bergkamen, und Bernd Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW.

Kommunalverbände zwischen Lob und Kritik

Das Vorhaben des Bundes, dauerhaft einen deutlich höheren Anteil bei den Kosten der Unterkunft (KdU) für Arbeitslose zu übernehmen, „packt ein großes Problem vieler Kommunen an der Wurzel“, erläuterten Schäfer und Schneider.

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Aber auch diese beiden Verbände bedauern es, dass der Koalitionsausschuss sich nicht auf eine Lösung für die Altschulden einigen konnte: „Die hohe Schuldenlast schränkt die Zukunftschancen der betroffenen Städte erheblich ein und bleibt eine zentrale Herausforderung für die Politik.“ Ohne eine Lösung des Altschuldenproblems werde sich das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland nicht erreichen lassen.