Düsseldorf. Weil Familien in der Krise leiden, ruft der SPD-Landtagsfraktionschef nach Kinder-Ferienbetreuung. Angehende Lehrer und Erzieher sollen helfen.

SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty schlägt vor, die durch die Coronakrise seit Wochen belasteten Familien durch Kinderbetreuung in den Sommerferien zu entlasten. „Wir könnten Lehramtsanwärter, Sozialarbeiter und angehende Erzieher dafür gewinnen, sich in den Ferien um Kinder im Schul- und Kita-Alter zu kümmern“, sagte Kutschaty am Donnerstag in der ersten Landespressekonferenz nach zweimonatiger Corona-Pause.

Die Familien müssten eine Chance erhalten, nach diesen stressigen Wochen „zur Ruhe zu kommen“. Viele Eltern hätten ihren Jahresurlaub schon genommen, um sich wegen der geschlossenen Schulen und Kitas um die Kinder kümmern zu können.

Fehlende Betreuung wäre "Strafe für die Familien"

Ein Runterfahren der Betreuung in den Sommerferien „wäre eine Strafe für die Familien“, so der Oppositionsführer. Man müsse für diese Angebote „alle Potenziale heben“. Das bedeute, dass Menschen, die „in Wartestellung“ für Bildungsberufe wie Lehrer und Erzieher seien, motiviert werden könnten, sich in den Ferien um Kinder zu kümmern. Gegebenenfalls ergänzt und unterstützt durch ausgebildete Fachkräfte.

„NRW nutzt die Corona-Testkapazitäten nicht“

Die Lockerungspolitik der Landesregierung ist aus Kutschatys Sicht „chaotisch“. Stets werde erst ein Termin für Lockerungen ausgesucht, erst dann folge ein Konzept. „Das ist die falsche Reihenfolge“, sagte der SPD-Politiker. Auf dem Weg zu sinnvollen Lockerungen, zum Beispiel in Schulen und Kitas, blieben zudem zahlreiche Möglichkeiten ungenutzt.

„Von den 187.150 Corona-Testkapazitäten der Labore in NRW in der Woche zwischen dem 20. und 26. April wurden nur 81.858 genutzt. Wir hätten 100.000 Personen mehr auf das Virus testen können“, kritisierte Kutschaty. Es müssten verstärkt Menschen untersucht werden, die in Kontakt mit anderen stehen: Personal in Pflegeheimen und Kliniken, Heimbewohner, Pädagogen in Schulen und Kitas. „Wenn wir die engmaschig testen, dann geben wir ihnen Sicherheit, und wir können uns mehr Öffnungen leisten.“

SPD will Laschet zu "Fragestunde" zwingen

Der Chef der SPD-Landtagsfraktion kündigte an, Ministerpräsident Laschet künftig regelmäßig vor den Landtag zitieren zu wollen. Hintergrund ist die umstrittene Heinsberg-Studie des Bonner Virologen Hendrik Streeck. Diese Studie ist in Misskredit geraten, weil Verfasser Streeck dem Vorwurf ausgesetzt ist, er habe damit eine Auftragsarbeit für die nach Lockerungen strebende Landesregierung geliefert. Mehrfach habe Kutschaty Laschet dazu um Antworten gebeten, stets sei dieser ausgewichen. Im Parlament habe sich Laschet „von dem in dieser Sache ahnungslosen Finanzminister vertreten lassen“.

Die SPD regt daher für den Landtag ein Fragerecht der Abgeordneten an den Ministerpräsidenten nach dem Vorbild des Bundestags an. Dort muss sich die Kanzlerin in Fragestunden dem Parlament stellen, zuletzt am Mittwoch.

Wegen der vielen Infektionen bei Beschäftigten der Fleischindustrie und den miserablen Arbeitsbedingungen von Werkvertrag-Arbeitnehmern in den Schlachthöfen will die SPD-Fraktion eine Bundesratsinitiative für bessere Arbeitsbedingungen starten. Bisher seien alle Initiativen an der CDU in der Großen Koalition in Berlin gescheitert. Die Kernaufgaben in Fleisch-Unternehmen müssten generell von eigenen Beschäftigten erledigt und dürften nicht an Subunternehmer vergeben werden, so Kutschaty. „Bei Ford in Köln stehen ja auch keine Solo-Selbstständigen am Band.“​