Ruhrgebiet. Pflegedienste im Ruhrgebiet fordern Landesvorgaben für den Umgang mit Mitarbeiter unter Corona-Verdacht. Teils dürfen sie ungetestet zur Arbeit.
Pflegeunternehmen im Revier erleben das teils widersprüchliche Krisenmanagement der kommunalen Gesundheitsämter als existenzielles Risiko. Das „Entscheidungswirrwarr“ und „Kirchturmdenken“ bereite der Pflege große Probleme, teilte die „Ruhrgebietskonferenz Pflege“ mit. „Wir fordern schnellstmöglich landesweit einheitliche Regelungen“, sagte Ulrich Christofczik Vorstandsmitglied des Ev. Christophoruswerkes und Sprecher der Arbeitgeberinitiative.
Verdachtsfälle gehen teils ungetestet weiter zur Arbeit
Die 40 Mitgliedsunternehmen der „Ruhrgebietskonferenz“ kritisieren vor allem den unterschiedlichen Umgang mit Pflegefachkräften, die persönlich oder durch ihr soziales Umfeld von einem Corona-Verdacht betroffen sind. Wie die Unternehmen berichten, werden betroffene Mitarbeiter in manchen Städten sofort zu einer 14-tägigen Quarantäne aufgefordert, während in anderen Ruhrgebietskommunen lediglich eine Verhaltensempfehlung ausgesprochen wird und die Pfleger weiter ungetestet zur Arbeit gehen können.
Als Träger sei es da schwierig, selbst zu entscheiden, ob Mitarbeiter weiter einsetzbar sind oder nicht, sagte Silke Gerling vom Diakoniewerk Essen. „Dieses Entscheidungschaos verunsichert die Mitarbeitenden“, teilte die Sprecherin der „Ruhrgebietskonferenz Pflege“ mit. „Wir fordern deshalb endlich schnelle und zuverlässige Tests für alle Betroffenen.“
Claudius Hasenau, Geschäftsführer beim Gelsenkirchener Pflegedienst APD und ebenfalls Sprecher der Arbeitgeberinitiative, forderte zudem,
systemrelevante Berufe wie die Pflege bei der Testung mit Priorität zu behandeln. Man müsse alles dafür tun, dass sich das Coronavirus nicht in Altenheimen und Senioren-Wohngemeinschaften ausbreitet. „Nicht nur schnellere, sondern auch häufigere Tests bei Mitarbeitern unter Corona-Verdacht wären hier notwendig, um auch Infektionen zu erkennen, die sich erst später zeigen“, so Hasenau.
Gesundheitsämter brauchen zu lange für Entscheidung
Zudem beklagen die Pflegeunternehmen, oft vergehe „zu viel wertvolle Zeit“ bis die Gesundheitsämter Entscheidungen zum weiteren Umgang mit einer betroffenen Pflegekraft treffen. In Bochum etwa lasse man sich „tagelang Zeit“ mit einer Antwort, während in Essen innerhalb von Stunden reagiert werde. Ein weiteres Problem: Manche Pflegedienste müssten sich mit bis zu fünf unterschiedlichen Gesundheitsämtern abstimmen, weil die Zuständigkeiten jeweils im Wohnort betroffener Mitarbeiter liegen.
Neben den Unsicherheiten und gesundheitlichen Risiken durch Weiterbeschäftigung ungetesteter Mitarbeiter sehen die Träger finanzielle Schwierigkeiten. Die Arbeitgeber befürchten, dass sie im Falle einer Freistellung auf den Kosten sitzenbleiben. Arbeitsrechtlich sei nicht klar, inwieweit die Quarantäne-Zeit Arbeitszeit darstelle. Bei der noch geringen Zahl an Corona-Betroffenen sei das kein Problem. Bei steigenden Fallzahlen drohe der Pflegekollaps.