Essen/Düsseldorf. Landesschülervertretung NRW fordert wegen der Corona-Krise die freie Wahl zwischen Klausuren oder “Durchschnittsabitur“

Die Abiturienten in Nordrhein-Westfalen wollen selbst entscheiden, ob sie in diesem Jahr ein Abitur mit einer Prüfung ablegen möchten. "Alle Schülerinnen und Schüler müssen die freie Auswahl zwischen dem sogenannten Durchschnittsabitur, das sich aus den Leistungen der Qualifikationsphase berechnet, und dem Ablegen einer Prüfung haben," fordert die Landesschülervertretung NRW. "Beide Entscheidungen müssen dabei gleichwertig behandelt werden."

Damit reagierten die Schüler auf die Entscheidung der NRW-Schulministerin, trotz der aktuellen Schulschließungen wegen der Corona-Pandemie die Abiturprüfungen nicht abzusagen. Die Landesregierung will am Freitag einen Zeitplan für die Termine der Abiturprüfungen vorstellen. „Nordrhein-Westfalen hat sich dafür ausgesprochen, dass die Abiturprüfungen nach Möglichkeit stattfinden sollen, sofern die weiteren Entwicklungen es zulassen“, teilte das Ministerium mit. Diese Position teilten alle 16 Bundesländer.

Schülervertretung stellt Forderungen

Die Schüler in NRW begrüßen den Beschluss grundsätzlich, machen aber auf eine Reihe von Problemen aufmerksam. Durch den Unterrichtsausfall habe wichtiger Stoff nicht in vollem Umfang behandelt werden können. Auch Wiederholung der Inhalte aus der Qualifikationsphase hätten an den meisten Schulen nicht stattfinden können.

Zudem habe sich gezeigt, dass digitale Lernformate den klassischen Unterricht nicht ersetzen könnten. Das "virtuelle Klassenzimmer" sei Zukunftsmusik. "Alles in allem wird durch die Entscheidung, die Abiturprüfungen trotz der Belastungen für die Schülerinnen und Schüler durch die Corona-Krise wie geplant durchzuführen, die Last jahrelanger Unterfinanzierung und Unterausstattung des Schulsystems auf dem Rücken der Abiturienten ausgetragen", heißt es in einer Stellungnahme der Schülervertretung.

Schüler wollen vor Prüfungen zwei Wochen Unterricht

Die Schüler fordern daher, die Termine der Abi-Klausuren so zu legen, dass zuvor mindestens zwei Wochen Unterricht stattfinden könne. "Nur so kann sichergestellt werden, dass die vor den Ferien verlorene Zeit angemessen nachgearbeitet werden kann."

Auch sollten die Aufgaben nicht wie bisher zentral gestellt werden. Stattdessen sollten die Lehrkräfte selbst Aufgaben auswählen, um auf den erzwungenen Rückstand bei den Vorbereitungen Rücksicht nehmen zu können.

Länder erkennen gegenseitig die Abschlüsse an

„Wir haben in der Ländergemeinschaft intensiv über verschiedene Szenarien diskutiert“, sagte Gebauer am Mittwoch nach der Einigung der Minister über die diesjährigen Abi-Prüfungen in der Kultusministerkonferenz. „Dabei ging es um die grundsätzliche Frage, ob Abiturprüfungen abgesagt oder verschoben werden. Unser Ziel ist weiterhin, auf Grundlage von Prüfungen zu einem Abitur zu kommen“, so Gebauer. Die Länder hätten sich auch darauf verständigt, die diesjährigen Abschlüsse gegenseitig anzuerkennen.

90.000 angehende Abiturienten

In NRW werden in diesem Jahr rund 90.000 Schülerinnen und Schüler an Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs in die Abi-Prüfungen gehen. Bisher vorgesehener Beginn der Prüfungen ist nach den Osterferien, die bis zum 19. April dauern. Die erste Klausur war ursprünglich für den 21. April geplant. Schulministerin Gebauer hatte in den vergangenen Tagen erklärt, dass ihr Ministerium verschiedene Szenarien vorbereite, wozu auch die Verschiebung der Klausuren gehöre.

Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht aber angesichts des frühen Ferienbeginns in NRW kaum Spielraum für eine Verschiebung des Abiturs. „Dafür gibt es keine Luft, die Sommerferien beginnen in NRW Ende Juni und nicht wie in Bayern einen Monat später“, sagte GEW-Landeschefin Maike Finnern der WAZ. Sie könne sich derzeit aber auch nicht vorstellen, dass die Schule wie gewohnt am 20. April wieder losgeht.

Schüler wollen faire Bedingungen

Die Abiturienten in NRW verlangen von der Landesregierung faire Bedingungen: Bei den zentralen Prüfungen müsse "in jeglicher Hinsicht zu Gunsten der Prüflinge mit den durch die Corona-Krise verursachten Problemen" umgegangen werden.