Düsseldorf. AfD-Landesvorsitzender Lucassen fordert Verbot der völkisch-nationalistischen Vereinigung in seiner Partei.
Die Beobachtung des betont völkisch-nationalistischen Teils der AfD („Flügel“) durch den Verfassungsschutz setzt die AfD in NRW unter Druck. Die Unruhe ist so groß, dass AfD-NRW-Chef Rüdiger Lucassen in einem Brief an den Bundesvorstand der Partei sogar die vollständige Auflösung der informellen Gruppe fordert.
Der „Flügel“ zählt bundesweit etwa 7000 und in NRW rund 1000 Anhänger. Gründer der immer wieder durch Extrempositionen auffallenden Vereinigung sind der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke und der AfD-Vorsitzende in Brandenburg, Andreas Kalbitz.
"Flügel auflösen, Flügel-Veranstaltungen verbieten"
Die Beobachtung des „Flügels“ durch den Verfassungsschutz bringe in NRW „das Fass zum Überlaufen“, schreibt Lucassen in dem Brief an die AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen und Tino Chrupalla, der dieser Redaktion vorliegt. Die NRW-AfD fordert darin, den „Flügel vollständig aufzulösen“ sowie Veranstaltungen der Partei unter dem Logo des „Flügels“ zu verbieten. Die Protagonisten des „Flügel“ hätten sich außerdem vorbehaltlos den Zielen und der Programmatik der AfD unterzuordnen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte den „Flügel“ zuletzt zum Beobachtungsfall im Bereich Rechtsextremismus erklärt. „Der Flügel ist verfassungsfeindlich“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Die NRW-AfD sei aber laut Reul „nicht so stark von diesen Rechtsextremisten inzifiert“ wie andere Landesverbände der Partei.
Gegner wehren sich: "Flügel gibt es gar nicht"
Die AfD in NRW sagt zwar in dem genannten Brief, das Bundesamt für Verfassungsschutz werde „politisch instrumentalisiert“, um der AfD zu schaden. Aber sie nutzt diese Lage offenbar zur Abrechnung mit den Anhängern des Flügels.
In NRW stehen vor allem zwei Landtagsabgeordnete der AfD für den „Flügel“: Christian Blex sowie der frühere Landespartei-Chef Thomas Röckemann. Auf sie dürfte der Druck derer in der Partei, die sich selbst als „gemäßigt“ bezeichnen, zunehmen. Blex, dem eine große Nähe zu Björn Höcke nachgesagt wird, arbeitet schon an seiner Verteidigung. „Die können nichts auflösen, was es gar nicht gibt“, wird Blex in den Westfälischen Nachrichten zitiert. Der „Flügel“ ist demzufolge nur eine lockere Vereinigung und keine offizielle Parteigliederung.
Ist der Angriff auf den "Flügel" bloß ein Schauspiel?
In der AfD-Landtagsfraktion wurde am Donnerstag der Wunsch geäußert, der Bundesvorstand möge den „Flügel“ für unvereinbar mit der Partei erklären und Andreas Kalbitz aus der Partei werfen. Dann, so die Hoffnung einiger, würden wohl auch die in der Fraktion weitgehend isolierten Röckemann und Blex die Parteimitgliedschaft verlieren.
Ob der harte Kurs gegen den „Flügel“ aus echter Überzeugung erfolgt oder nur aus parteitaktischen Gründen, um die Rechtspopulisten wieder ein Stück aus dem Visier des Verfassungsschutzes zu rücken, ist unklar. Landesparteichef Lucassen hatte „Flügel“-Vertreter Höcke beim Wahlkampf in Thüringen noch unterstützt. Klar ist, dass die Beobachtung durch den Verfassungsschutz einige AfD-Mitglieder abschreckt. Der Extremismusverdacht ist konkreter denn je. Das hat unter Umständen harte Kosequenzen für "Flügel"-Leute, die im öffentlichen Dienst arbeiten.
Außerdem hat Björn Höcke mit einem aggressiven Wortspiel Gegner in der eigenen Partei bedroht. Er forderte in einer Rede, dass jene, die nicht die Einheit der Partei leben könnten,„allmählich auch mal ausgeschwitzt werden sollten“.
Seifen unterliegt bei Fraktionswahlen
Unterdessen sitzt Helmut Seifen, der bisher mit Markus Wagner zu den Protagonisten der AfD- Landtagsfraktion zählte, dort nur noch in der zweiten Reihe. Der frühere AfD-Landesvorsitzende Seifen erreichte im ersten Wahlgang für das Amts des Fraktionsvize nicht die erforderlichen sieben Stimmen und verzichtete auf eine Kandidatur im zweiten Wahlgang. An seiner Stelle ist nun Martin Vincentz Fraktionsvize. Stellvertretende Fraktionschefs bleiben Gabriele Walger-Demolksy und Sven W. Tritschler