Düsseldorf. Nach dem angekündigten AKK-Rückzug wollte sich die Union mit Führungsfragen Zeit lassen. Das stößt selbst im Laschet-Landesverband auf Befremden.

Als Armin Laschet am Dienstagmorgen den CDU-Fraktionssaal im Düsseldorfer Landtag zur wöchentlichen Sitzung mit den Abgeordneten betritt, brandet spontaner Beifall auf. Solche Ergebenheitsadressen ist der Ministerpräsident gar nicht gewohnt. Die vorwiegend aus ländlichen Wahlkreisgewinnern bestehende CDU-Landtagsfraktion ist traditionell konservativer als ihr liberaler Regierungschef. Aber wenn Laschet nun schon als erster CDU-Bundesvorsitzender und Kanzler aus NRW seit Konrad Adenauer gehandelt wird, darf es ein bisschen Euphorie sein.

Nein, nein, wiegelte Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen auf Nachfrage ab. Der Applaus habe lediglich dem gelungenen Auftritt des Ministerpräsidenten bei der Karnevalssitzung „Orden wider den tierischen Ernst“ gegolten. Ansonsten gehe es der Fraktion um eine rasche inhaltliche und personelle Klärung innerhalb der Union. Mit einem Antrag für die Landtagssitzung am Donnerstag will die NRW-CDU nach dem Thüringen-Debakel noch einmal die vielzitierten „Brandmauern“ nach rechts und links hochziehen. Sprich: Keinerlei Zusammenarbeit mit AfD und Linkspartei. Es ist eine Art Selbstvergewisserung.

Vier Politiker der NRW-CDU werden für Höheres gehandelt

Komplizierter ist die Machtfrage nach dem angekündigten Rückzug von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Mit Laschet, Friedrich Merz, Jens Spahn und Ralph Brinkhaus werden gleich vier Vertreter des Landesverbandes für Höheres gehandelt. Für die einst zerstrittene NRW-CDU, die 2005 nicht einmal einen Bundesminister im ersten Merkel-Kabinett stellen durfte, ist das keine so schlechte Ausgangslage.

Doch in der NRW-CDU wird die Forderung nach einer schnellen Klärung der Führungsfragen der Union lauter. Löttgen brachte am Dienstag ein Vorziehen des Bundesparteitages ins Gespräch: „Wir brauchen schnellstmöglich Klarheit in der Führungsfrage. Ich persönlich bin auch der Meinung, dass unser Parteitag nicht erst im Dezember stattfinden kann“, sagte er unserer Redaktion.

Damit stellte sich der erste Spitzenvertreter des mitgliederstärksten Landesverbandes gegen den von Noch-Parteichefin Kramp-Karrenbauer vorgeschlagenen Zeitplan. „CDU und CSU müssen sich die Zeit nehmen, um in Ruhe das Verfahren zur Aufstellung eines Kanzlerkandidaten zu klären. Daraus darf aber keine monatelange Hängepartie werden“, so Löttgen weiter.

Ist eine vorzeitige Ablösung Merkels durch Laschet denkbar?

Noch beim Hamburger Parteitag 2018 hatten etliche Landtagsabgeordnete Merz gewählt. Mancher schwärmt noch immer davon, wie der 64-jährige Sauerländer bei Wahlkreis-Veranstaltungen die Basis begeistern kann. Doch auch Laschets freundlich-integrierende Kraft wird gelobt, um die zerrissen wirkende Union zusammenhalten. Nur weiß kaum jemand, wie der Ministerpräsident Kanzlerkandidat und Bundesvorsitzender werden soll, ohne sich selbst oder der NRW-Koalition Schaden zuzufügen.

Die meisten gehen davon aus, dass in wenigen Wochen klar sein wird, wer CDU-Vorsitzender und Kanzlerkandidat werden soll. Der designierte Parteichef müsste sofort volle Präsenz in Berlin zeigen. Lässt sich das wirklich bis zur Bundestagswahl im Herbst 2021 mit dem Regierungsamt in Düsseldorf vereinbaren? „Ministerpräsident Nie da“, würde wohl die Opposition sticheln. Grünen-Landeschefin Mona Neubaur merkte bereits am Dienstag an: „Je mehr sich die Parteien, die die Groko tragen, mit sich selbst beschäftigen, desto größer wird die Unzufriedenheit der Bürger.“

Andererseits: Sind schnelle Neuwahlen im Bund denkbar oder gar eine vorzeitige Ablösung Merkels an der Groko-Spitze durch Laschet, wie der „Tagesspiegel“ am Dienstag spekulierte. Laschet hüllt sich vorerst in Schweigen. Noch ein paar Tage wird er sich hinter Verfahrensfragen verschanzen können, dann muss er die zentrale Frage in jedem Beziehungschaos beantworten: Gehen oder bleiben?