Essen. Das Land verdient kräftig mit am Immobilienboom. Über die Grunderwerbsteuer fließen Milliarden. Der Steuerzahlerbund fordert ein Umdenken.

Der Bund der Steuerzahler NRW will die Tatenlosigkeit der schwarz-gelben Landesregierung bei der Grunderwerbsteuer nicht länger hinnehmen und fordert eine Initiative zur spürbare Entlastung von Eigenheimkäufern. „Da ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer kurz- und mittelfristig politisch nicht umsetzbar ist, bleibt für den Landesgesetzgeber nur die Möglichkeit, den Steuersatz zu senken“, sagte BdSt-Finanzexperte Ulrich Liebern. Damit könne die Landesregierung aktiv dazu beitragen, jungen Familien auf dem Weg zum Eigenheim entgegenzukommen.

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Die Hängepartie bei der Grunderwerbsteuer gilt als ein gebrochenes Wahlversprechen von Schwarz-Gelb. Im Koalitionsvertrag hatten beide Parteien einen Freibetrag in Höhe von 250.000 Euro pro Person für selbst genutztes Wohneigentum vereinbart. Doch eine entsprechende Bundesratsinitiative verlief bisher im Sande. Dabei könnte NRW die Hebesätze selbst sofort absenken. Pikant: Noch in der Opposition hatten CDU und FDP die zweimaligen Anhebung der Steuersätze durch die rot-grüne Vorgängerregierung scharf kritisiert.

Tatsächlich aber verdient NRW am Immobilienboom und den besonders in den Ballungsräumen immer höheren Preisen für Wohneigentum in nie gekannter Weise mit. Allein von Januar bis Oktober flossen über drei Milliarden Euro an Grunderwerbsteuern in die Landeskasse. Laut Berechnungen des Steuerzahlerbundes NRW sind das neun Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Im NRW-Haushaltsplan 2019 hat Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) insgesamt sogar 3,4 Milliarden Euro Grunderwerbsteuereinnahmen veranschlagt – das sind bald 900 Millionen Euro mehr als noch vor vier Jahren. Seit 2013 haben sich die Einnahmen aus der Abgabe, die bei jedem Grundstücks- und Immobilienkauf anfällt, damit verdoppelt. Noch 2011 nahm das Land lediglich 1,26 Milliarden Euro aus dieser Steuer ein.

Die Grunderwerbsteuer ist unter den direkten Landessteuern zudem die mit Abstand ergiebigste Geldquelle für den Fiskus. Und: Ihr Anteil an den gesamten Steuereinnahmen des Landes wächst seit Jahren. Nach Berechnung dieser Zeitung fließt bereits jeder 18. Euro aus der Grunderwerbsteuer in den NRW-Steuertopf: 5,6 Prozent. Vor fünf Jahren war es nur jeder 25. Steuer-Euro.

Bauwillige und Immobilienkäufer ächzen indes unter der enormen Zusatzbelastung. Denn NRW erhebt neben dem Saarland, Brandenburg, Thüringen und Schleswig-Holstein den höchsten Steuersatz aller Bundesländer. 6,5 Prozent der Kaufsumme werden – meist unmittelbar nach Vertragsabschluss – fällig. Mit 3,5 Prozent fast nur halb so hoch ist die Grunderwerbsteuer dagegen in Bayern und Sachsen. Häuslebauer in NRW müssen neben der Kaufsumme und den weiteren Baunebenkosten wie Notar-, Gerichts- und Maklergebühren somit zusätzlich fünfstellige Beträge in ihre Finanzierung einkalkulieren.

Der Steuerzahlerbund schlägt vor, die Käufer von Häusern und Eigentumswohnungen über einen Stufentarif entlasten. Bei Kaufverträgen bis 250.000 Euro soll die Steuer komplett wegfallen und danach in zwei Stufen auf maximal fünf Prozent steigen. Bei einem Kaufpreis von 250.000 Euro käme es laut BdSt zu einer Entlastung um 16.250 Euro.