Essen. Bundesregierung will Forscher verpflichten, den Menschen ihre Arbeiten besser zu erklären. Das soll das Vertrauen in die Wissenschaft fördern.

Die Bundesregierung will künftig die Förderung der Wissenschaft an die Bedingung knüpfen, dass Forscher öffentlich stärker über ihre Arbeit berichten müssen. Das geht aus einem Grundsatzpapier des Bundesforschungsministeriums zum Thema Wissenschafts-Kommunikation hervor. „Wenn der Klimawandel angezweifelt wird, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse etwa zur Luftverschmutzung angezweifelt werden, dann ist das auch für die Politik ein ernstes Thema“, begründete Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) ihren Vorstoß. Forschungsergebnisse müssten besser erklärt und kommuniziert werden, um der Skepsis gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen entgegenzutreten, so die Ministerin.

Eine gute Wissenschafts-Kommunikation müsse ein Auswahlkriterium bei der Entscheidung über eine Forschungsförderung sein, führte sie in dem Grundsatzpapier aus. Es sei notwendig, dass sich Wissenschaftler stärker in den öffentlichen Diskurs einbringen. Kritik kam von der Wissenschafts-Pressekonferenz (WPK), einem Zusammenschluss von Fachjournalisten. Sie befürchten eine Ausweitung von unkritischem Wissenschaftsmarketing in eigener Sache.

Fach-Journalisten kritisieren den Vorstoß der Ministerin

Mehr Kommunikation durch die Wissenschaft selbst könne „geradewegs den gegenteiligen Effekt erzeugen“ und die Skepsis gegenüber der Forschung erhöhen, so die WPK in einer Stellungnahme. Nötig sei eine kritische und öffentliche Beobachtung der Wissenschaft durch unabhängige Journalisten.

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Zuletzt hatten Lungenärzte an der wissenschaftlichen Relevanz der EU-Grenzwerte für Feinstaub gezweifelt und damit eine breite Debatte ausgelöst. Auch der mit viel Getöse präsentierte Bluttest für Brustkrebs des Uniklinikums Heidelberg, der sich später als Fehlschlag entpuppte, hatte die Forschung in Misskredit gebracht. Zudem schüren populistische Parteien Zweifel an den Erkenntnissen zu den Ursachen der Erderwärmung.

Umfrage: Wissenschaftler sollen sich stärker einmischen

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Unterstützung erhielt Karliczek von Markus Weißkopf, Geschäftsführer von „Wissenschaft im Dialog“ (WiD). Zwar sei es mit weiteren Hochglanzbroschüren aus den Forschungsinstituten nicht getan. Doch wäre es gut, „wenn sich Forscher gleich zu Beginn Gedanken darüber machen, welche gesellschaftliche Relevanz ihre Arbeit hat und wie sie das der Öffentlichkeit erklären“, sagte Weißkopf der WAZ. WiD fördert mit zahlreichen Aktionen den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Nach einer aktuellen WiD-Umfrage ist das Vertrauen der Deutschen in die Wissenschaft weiterhin groß. Wie in den Vorjahren gibt rund die Hälfte der für das „Wissenschaftsbarometer 2019“ befragten Personen an, dass sie Wissenschaft und Forschung vertraut. Zugleich zeigt sich aber ein erheblicher Anteil (46 %) unentschieden. 75 Prozent sprachen sich dafür aus, dass Forscher sich einmischen sollten, wenn Politik ihre Erkenntnisse ignoriert.