Düsseldorf. NRW geht im Kampf gegen Lehrermangel neue Wege. Wer dort unterrichtet, wo soziale Probleme groß sind, bekommt eine Zulage. Keine so kleine.
Lehrer an Brennpunkt-Schulen in NRW sollen erstmals eine Sonderzulage von 350 Euro monatlich erhalten. Das hat Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Donnerstag im Rahmen eines weiteren „Maßnahmenpakets“ zur Bekämpfung des eklatanten Lehrermangels im Land angekündigt.
„Von dieser Maßnahme werden vor allem Schulen im Ruhrgebiet profitieren“, sagte Gebauer. Landesweit werden in den kommenden zehn Jahren rund 15.000 Lehrer insbesondere an Grundschulen fehlen, während an Gymnasien und Gesamtschulen mit einem deutlichen Bewerberüberhang gerechnet wird. Vor allem Schulen im Ruhrgebiet mit großen sozialen Herausforderungen haben immer mehr Probleme, Lehrkräfte für offene Stellen zu finden.
Gebauer führt nun bundesweit erstmalig ein Anreizsystem ein. Ein Passus im Beamtenbesoldungsgesetz macht es möglich. Wer als ausgebildete Lehrkraft an eine Schule wechselt, die seit mehr als einem Jahr eine Stelle nicht besetzen konnte, erhält für zweieinhalb Jahre einen Brutto-Zuschlag von 350 Euro im Monat. Da etwa ein Grundschullehrer rund 3600 Euro verdient, hält die Landesregierung den Bonus für durchaus attraktiv. Aber auch Lehrer für Mangelfächer wie Mathematik, Physik oder Informatik können so geködert werden.
Gewerkschaften fürchten Unfrieden in Lehrerkollegien
Bis 2022 sind im NRW-Haushalt für die Zuschläge insgesamt 17 Millionen Euro vorgesehen, mit denen Gebauer jährlich 700 Einstellungen honorieren will. „Wir wollen Schulen mit Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung ganz gezielt unterstützen“, sagte die Schulministerin. Sie setzt auf einen „Klebeeffekt“, wenn der Zuschlag nach zweieinhalb Jahren wieder wegfällt: Da Lehrerkollegien an Brennpunkt-Schulen häufig besonders engagiert, innovativ und teamorientiert arbeiten, könnten Neulinge nach der Starthilfe Gefallen am Job gefunden haben.
Aus den Gewerkschaften erhielt Gebauer für ihre unkonventionelle Maßnahme nur verhaltenen Applaus. Neue Lehrer werden schließlich zweieinhalb Jahre lang mehr Geld verdienen als jene Kollegen, die an schwierigen Schulen zum Teil schon Jahrzehnte die Knochen hinhalten. „Das ist sehr heikel für den Frieden in den Kollegien“, erklärte Stefan Behlau, der Landesvorsitzende des Verbandes Erziehung und Bildung (VBE). „Wir brauchen dauerhafte Lösungen für Schulen mit Herausforderungen und auch eine Lösung für die bereits dort Beschäftigten“, mahnte auch GEW-Landeschefin Maike Finnern an. Die Gewerkschaften pochen darauf, dass die Schulministerin ihre Zusage einhält und Grundschullehrer genauso gut bezahlt wie die Kollegen mit gleicher Bezahlung am Gymnasium („A13 für alle“).
SPD-Fraktionsvize Jochen Ott spottete über ein „Begrüßungsgeld für neueingestellte Lehrkräfte“ und ein „Anfüttern“ der dringend benötigten Fachkräfte. Gebauer wiederum verwies darauf, dass die neue Zulage auch von den bisherigen Kollegien mitgetragen werden dürfte, weil alle ein Interesse daran hätten, offene Stellen endlich zu besetzen.