Düsseldorf. Antisemitische Beschimpfungen auf dem Pausenhof oder Judenhass in Rap-Songs sind an NRW-Schulen Alltag. Jetzt steuert die Landesregierung gegen.

Die Landesregierung will den Kampf gegen Antisemitismus an Nordrhein-Westfalens Schulen verstärken. „In unseren Schulen, im Unterricht und auf dem Pausenhof, soll eine Kultur des Hinsehens und der Menschlichkeit gelebt werden“, forderte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Freitag in Düsseldorf. „Vorfälle antisemitischer Gewalt können und dürfen nicht weggeredet werden“, so die Ministerin.

Konkret sollen sich Lehrer künftig landesweit Rat und Hilfe bei einer „Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit“ (SABRA) der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf holen. Das Land will diese Einrichtung künftig mit einer zusätzlichen pädagogischen Kraft stärken. Das sieht eine neue Kooperationsvereinbarung mit der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf vor.

Da nur noch wenige Zeitzeugen für die Verbrechen des Nationalsozialismus lebten, werde es immer wichtiger, den Schulen fertige Projekte für zeitgemäßes Erinnern anzubieten, mahnte die Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Außerdem müssten Informationen über jüdisches Leben besser im Schulalltag verankert werden.

Viele antisemitische Vorfälle werden von den Schulen offenbar nicht gemeldet

Nach Einschätzung von Leutheusser-Schnarrenberger haben antisemitische Beschimpfungen und Stereotype über Juden auf vielen Pausenhöfen wieder zugenommen. Dazu habe auch die bei vielen Jugendlichen populäre Rapper-Szene beigetragen, die in Teilen antisemitische Texte verbreite, sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Ein genaues Lagebild für NRW dazu gibt es jedoch nicht. Die Kriminalstatistik weist für die Jahre 2014 bis 2017 lediglich 61 antisemitische Straftaten an Schulen auf. „Was unterhalb der Strafbarkeit passiert, ist das viel größere Problem“, warnte der Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Szentei-Heise. Viele Vorfälle würden auch gar nicht erst gemeldet: „Es macht eine Schule nicht attraktiver, wenn sie sagt, sie hat ein Antisemitismus-Problem.“

Schulministerin Gebauer sieht die Lehrkräfte in einer besonderen Rolle: „Wir tragen alle Verantwortung dafür, dass sich antisemitische und menschenfeindliche Haltungen bei jungen Menschen erst gar nicht entwickeln.“ Die meisten der rund 5000 Schüler jüdischen Glaubens in NRW besuchen eine Regelschule. Bislang gibt es nur in Köln, Düsseldorf und demnächst in Dortmund jüdische Grundschulen. Das vor drei Jahren in Düsseldorf gegründete und stark gesicherte einzige jüdische Gymnasium in NRW habe sich „zu einem Schutzraum für Juden“ entwickelt, sagte Szentei-Heise. Dabei sei die Schule auch offen für Kinder anderer Glaubensrichtungen.