Düsseldorf. Bei der Stichwahl um den Parteivorsitz soll mit Walter-Borjans/Esken die Groko abgewählt werden. Aber sehen das auch die älteren Genossen so?

Als sich das Präsidium der NRW-SPD am Samstagabend zu einer Telefonkonferenz zusammenschaltet, wird schnell deutlich, dass der Wahlkampf um den Parteivorsitz jetzt erst richtig losgeht. Der frühere Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans und die aus Baden-Württemberg stammende Bundestagsabgeordnete Saskia Esken haben es also tatsächlich geschafft, Vizekanzler Olaf Scholz und seine Partnerin Klara Geywitz in der ersten Runde des Mitgliederentscheids in Bedrängnis zu bringen. Knapp 45.000 Stimmen (21 Prozent) holen sie, nur etwa 3500 weniger als Scholz/Geywitz. Jetzt geht es für beide Paare in die Stichwahl um die Nahles-Nachfolge.

„Dieser knappe Ausgang zeigt, dass wir in der SPD vor einer Richtungsentscheidung stehen“, kommentiert SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty. Walter-Borjans, den in NRW jeder beim einst von Johannes Rau erfundenen Kürzel „Nowabo“ ruft, und Esken stünden „dabei für eine solidarische Gesellschaft, in der wir die Frage der gerechten Verteilung wieder lauter stellen wollen“, so Kutschaty. Die Landesvorsitzende der Jusos, Jessica Rosenthal, behauptet sogar, die SPD habe in Walter-Borjans/Esken „endlich für mehr Glaubwürdigkeit und ein klares, neues inhaltliches Profil entschieden“.

Walter-Borjans zeigt der SPD, wie sie mehr sein kann als CDU ohne Kirche

Für die Stichwahl ist damit in NRW der Ton gesetzt. Vizekanzler Scholz gilt als Mann fürs Weiter-so in der Groko, für Regierungspragmatismus der Agenda-SPD. Walter-Borjans dagegen soll die Partei wieder zu sich selbst und raus aus der Verkümmerung an der Seite der Union führen. In letzter Minute hatten die NRW-Genossen im August den 67-Jährigen für das Kandidaten-Rennen nominiert. Per Landesvorstandsbeschluss und mit kräftiger Unterstützung der Jusos.

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In sieben Jahren als Düsseldorfer Finanzminister hat sich „Nowabo“ mit Ankäufen von Steuer-CDs und der Jagd auf vermögende Schwarzgeld-Depotbesitzer den Ruf als „Robin Hood“ erarbeitet. Selbst als Rentner lässt Walter-Borjans mehr von sich hören als der aktuelle CDU-Amtsinhaber Lutz Lienenkämper. Er ist Profi genug zu wissen, dass man die Bundesregierung nur aus einem zündenden, inhaltlichen Grund verlassen könnte. Sein Buch „Der große Steuer-Bluff“ wird von Parteilinken verehrt wie eine sozialdemokratische Bibel. Walter-Borjans gibt darin den deprimierten Genossen eine Handreichung, wie die SPD wieder mehr sein könnte als eine CDU ohne Kirche und Krawatte.

Die "Willy wählen-Generation" tickt anders als die aktiven Funktionäre

Landeschef Sebastian Hartmann klingt am Samstagabend weitaus zurückhaltender. Er lobt bloß allgemein das Fest der „innerparteilichen Demokratie“. Hartmann kann und will sich nicht auf Scholz einschießen. In den NRW-Mitgliederversammlungen während der Bewerbungstour war zwar die Ablehnung gegenüber dem Vizekanzler und der Groko mit Händen zu greifen.

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Doch scheint es im größten SPD-Landesverband eine Kluft zu geben: hier die aktiven Funktionäre, die stramm auf Linkskurs ziehen und „Alle gegen Olaf“ spielen, dort die vielen älteren Mitglieder der „Willy wählen“-Generation, die Scholz durchaus Staatsmann-Format attestieren und in der "Agenda 2010" kein Teufelszeug erkennen. Hartmann muss beiden Lagern gerecht werden. Zumal er und die Gruppe der NRW-Bundestagsabgeordneten bei Umfragewerten von 14 Prozent im Falle von Neuwahlen mit dem eigenen Job haften würden.

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