Essen. Die geplanten Änderungen bei der Grundsteuer führen in vielen Fällen zu Mehrbelastungen. Um wieviel, zeigen Berechnungen aus Hamburg.

Die Reform der Grundsteuer wird vor allem bei älteren Gebäuden und Einfamilienhäusern zu spürbaren Mehrbelastungen für Hausbesitzer und Mieter führen. Das geht aus einer Modellrechnung der Hamburger Finanzbehörde hervor, die der WAZ vorliegt.

Als erstes Bundesland hat der Stadtstaat die Auswirkung der umstrittenen Reform auf konkrete Immobilien in unterschiedlichen Lagen und Stadtteilen im gesamten Stadtgebiet ermitteln lassen. Dabei wurden konkurrierende Steuer-Modelle zugrunde gelegt, der derzeit gültige Hebesatz der Hansestadt von 510 Prozent aber beibehalten. Insgesamt wurden so für 900 Gebäude die neuen Werte ermittelt.

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Wesentliche Erkenntnis: Einfamilienhäuser bis zum Baujahr 1979 wurden in fast allen Fällen stärker belastet als bisher. Dasselbe gilt für Mehrfamilienhäuser bis zum Baujahr 1949. Mietshäuser ab Baujahr 1965 profitieren hingegen von der Reform. Bei Eigentumswohnungen ergibt sich ein uneinheitliches Bild.

Die Veränderungen fallen teils drastisch aus, insbesondere im Wertemodell von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Für ein 120-Quadratmeter-Eigenheim (Baujahr vor 1949) im angesagten Viertel Eimsbüttel würde sich die jährliche Abgabe demnach von derzeit 193 Euro auf knapp 2200 Euro mehr als verzehnfachen. Für ein Mehrfamilien-Altbau in St. Pauli-Nord steigt die auf die Mieter umlagefähige Jahresabgabe um 1950 Euro. Der Besitzer einer nach 2000 errichteten Eigentumswohnung (88 qm) in Blankenese müsste hingegen knapp 280 Euro weniger zahlen.

Große Spannweite der Abweichungen

Als Ursache für die höhere Steuerlast älterer Gebäude gilt der wegen der steuerlich abgeschriebenen Immobilien in der Berechnung höher gewichtete Wert des Grundstücks. Die Hamburger kommen zudem zu dem Schluss, dass die große Spannweite der Abweichungen durch Hebesatzanpassungen der Kommune nicht ausgeglichen werden kann, wenn das Gesamtaufkommen der Steuer gleich bleiben soll.

Welche Rückschlüsse die Hamburger Zahlen auf die Situation in NRW zulassen, ist offen. Der Eigentümerverband Haus und Grund warnt aber vor einer „fatalen Einbeziehung des Immobilienwertes“ bei der Neuberechnung der Grundsteuer. Hamburg habe „neutral ermittelt, was die Reform für die Bürger bedeutet“, so Verbandspräsident Kai Warnecke. Die Bundesländer sollten die Öffnungsklausel des neuen Gesetzes nutzen, um die Abgabe allein nach der Größe, nicht auch noch nach dem Wert der Immobilie zu bemessen.

Kaum ein Bundesland hat bisher entschieden, wie es künftig seine Grundsteuer regelt. Auch NRW verhält sich seit Monaten abwartend. Auf eine Umfrage des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer antwortete lediglich die bayerische Staatskanzlei, sie wolle die Öffnungsklausel nutzen und ein eigenes, ausschließlich auf die Fläche bezogenes Modell entwickeln. Der Bundestag hatte vor einer Woche die Reform der Grundsteuer verabschiedet.