Düsseldorf. NRW verschläft den Kampf gegen Antisemitismus, sagt Thomas Kutschaty (SPD). Innenminister Herbert Reul kontrolliere lieber Shisha-Bars.

Nach dem rechtsextremistisch motivierten Anschlag von Halle hat SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) vorgeworfen, zu wenig gegen ausländerfeindliche und antisemitische Tendenzen zu unternehmen.

„Die SPD-Landtagsfraktion war zu Jahresbeginn Gast in der Jüdischen Gemeine Düsseldorf. Damals habe ich eine Meldepflicht gefordert zu antisemitischen Äußerungen und Vorfällen zum Beispiel an Schulen. Die gibt es bis heute nicht, obwohl ,Jude' ein gängiges Schimpfwort ist auf Schulhöfen“, sagte Kutschaty dieser Redaktion.

Der Essener erinnerte auch an den Amoklauf am Jahreswechsel 2018/19 in Bottrop und Essen. Damals wollte ein Amokläufer „Ausländer töten“, wie dieser damals sagte.

"Nicht nur die Clan-Kriminalität bekämpfen"

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„Danach wurde im Landtag unser Antrag beschlossen, die Arbeit gegen den Rechtsextremismus zu intensivieren. Die Landesregierung hat seitdem aber nichts unternommen. Herbert Reul hat stattdessen die Bekämpfung der Clan-Kriminalität über alles gestellt und vor allem Razzien in Shisha-Bars durchführen lassen. Darüber geraten andere Kriminalitätsphänomene wie rechtsextremistisch motivierte Taten in Vergessenheit“, sagte Kutschaty.

Der SPD-Politiker fordert ein eigenes Kriminalitäts-Lagebild Antisemitismus für NRW, denn bisher werde nur ein Bruchteil des Antisemitismus tatsächlich sichtbar. Kutschaty plädiert zudem dafür, die Kompetenzen der NRW-Antisemitismusbeauftragten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zu stärken: „Bei ihr müssten Meldungen über antisemitische Äußerungen, die nicht in die Kriminalstatistik einfließen, eingehen.“

Kutschaty: "AfD ist Wegbereiter für Hass und Extremismus"

Die AfD nannte Kutschaty unter dem Eindruck der Tat von Halle einen „Wegbereiter für Hass und Extremismus“. Erst seien es Gedanken, dann Worte, schließlich Taten, skizzierte er den Weg zu antisemitisch motivierter Gewalt. Die Gedanken seien in den Köpfen vieler Menschen. Die AfD spreche dann die Worte aus, die Menschen eine vermeintliche Rechtfertigung für antisemitische Gewalttaten gäben. Die AfD habe Grenzen überschritten, indemihr Vorsitzender den Nationalsozialismus als „Fliegenschiss“ in der deutschen Geschichte bezeichnet hatte.

„Unerträglich“ nannte der SPD-Landtagsfraktionschef die vielen Neonazi-Aufmärsche in Dortmund. Am Montag wollen erneut Rechtsextreme durch die Nordstadt marschieren. „Das Grundgesetz respektiert die Meinungsfreiheit. Mann muss aber genau hinsehen, wann die Grenze zu Straftaten überschritten wird. Dann muss die Polizei konsequent einschreiten“, forderte Kutschaty. „Das Verbot offensichtlich verfassungsfeindlicher Parteien und Organisationen wie ,Die Rechte'“ müsse vorangetrieben werden.​