Düsseldorf. 2883 Taten, 3555 Opfer - die erste Halbjahres-Statistik zu Messer-Straftaten scheinen dunkle Vorahnungen des NRW-Innenministers zu bestätigen.

Die frischen Zahlen haben bei Herbert Reul bereits leichte Bestürzung ausgelöst: „Diese erste Zwischenbilanz bestätigt die Vermutung, dass Messer-Angriffe wirklich ein Problem sind“, sagte der NRW-Innenminister am Montag. Im ersten Halbjahr 2019 hat die Polizei landesweit 2883 Straftaten mit einem Messer als Tatwaffe registriert. Dabei wurden 3555 Menschen verletzt oder bedroht.

Es ist die erste Statistik dieser Art. Reul hatte das Landeskriminalamt bereits nach einer Messerattacke in Lünen im Januar 2018 damit beauftragt, die Aufnahme von Angriffen mit Stichwaffen in die Polizeiliche Kriminalstatistik zu prüfen. Damals hatte ein 16-Jähriger an einer Gesamtschule einen Mitschüler vor Beginn des Unterrichts auf dem Schulflur erstochen.

Auslöser war die Bluttat an der Gesamtschule Lünen

Es hatte sich insgesamt der Eindruck verfestigt, dass die Zahl der Messer-Attacken zugenommen habe. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bemerkte, es vergehe kaum noch ein Tag, an dem nicht Meldungen über gefährliche oder sogar tödliche Messerattacken bekannt würden. Reul, gelernter Studienrat mit jahrelanger Schulhof-Erfahrung, meinte: „Früher gab es die Faust, heute ist es das Messer, das rausgeholt wird.“Ob jedoch tatsächlich häufiger die Klinge gezückt wird, konnte niemand genau sagen. Jahrelang wurden nur Schusswaffen als Tatmittel erfasst. Auf Initiative aus NRW werden nun seit 1. Januar 2019 auch Messer-Attacken gesondert in die bundesweite polizeiliche Kriminalstatistik aufgenommen.

Dass allein in NRW binnen sechs Monaten 2883-mal die Klinge gezückt wurde, klingt bedrohlich. „Man muss leider sagen, dass die Zahlen, die wir jetzt haben, schon unruhig machen“, bekannte Reul. Einen Vergleichswert gibt naturgemäß bei der ersten Statistik dieser Art noch nicht. Auch das richtige Gefühl für die Entwicklung des Kriminalitätsphänomens fehlt noch. „Wir werden belastbare Vergleichszahlen erst in einem Jahr haben“, sagte Reul. Man werde das Problem weiter im Blick behalten.

Diskussion über Messer-Verbotszonen der Innenminister-Konferenz

„Jetzt über Konsequenzen zu reden, ist viel zu früh“, findet der NRW-Innenminister. Bei der diskutierten Ausweitung von sogenannten Messerverbotszonen im Umfeld von sensiblen Bereichen wie Kitas, Schulen oder Bahnhöfen hatte sich Reul bislang eher zurückhaltend gezeigt. In solchen Zonen kann die Polizei ohne Anlass Menschen nach Messern durchsuchen. Die Innenministerkonferenz hat sich im Juni dafür ausgesprochen, den Polizeidienststellen mehr Möglichkeiten zur Einrichtung von Verbotsarealen einzuräumen.