Düsseldorf. Zum Schulstart bleiben Tausende offene Stellen unbesetzt. Vor allem Grundschullehrer und die für Inklusion wichtigen Sonderpädagogen sind rar.
Der Lehrermangel hat sich in Nordrhein-Westfalen zu Beginn des neuen Schuljahres weiter verschärft. Nur knapp 58 Prozent der offenen Lehrerstellen konnten besetzt werden. Gegenüber dem Vorjahr (62 Prozent) hat sich die Besetzungsquote damit weiter verschlechtert. Besonders eklatant ist der Mangel an Grundschullehrern und Sonderpädagogen für Förderschulen oder die Integration von Kindern mit Handicap an Regelschulen (Inklusion).
„Der generell leer gefegte Lehrer-Arbeitsmarkt stellt uns vor eine ernste Situation. Wir drehen jeden Stein um, damit offene Stellen besetzt werden können“, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Trotz der Schwierigkeiten, Bewerber für die aktuell ausgeschriebenen Stellen zu finden, liege die Besetzungsquote bei allen rund 160.000 Lehrerstellen in NRW weiter bei 96 Prozent.
Die Lehrergewerkschaften GEW und VBE gaben Gebauer eine Mitschuld am Lehrermangel, weil die versprochene Anpassung der Bezahlung noch immer auf sich warten lasse. Trotz gleicher Ausbildungslänge werden Lehrer an Grund-, Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen beim Berufseinstieg schlechter besoldet als an Gymnasien. „Wie lange sollen die Kollegen noch hingehalten werden, bis es in der Landesregierung einen abgestimmten und solide finanzierten Lösungsvorschlag gibt“, fragte GEW-Landeschefin Maike Finnern.
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Gebauer kündigte „besoldungsrechtliche Konsequenzen“ an, nannte aber keinen Zeitpunkt für die Anpassung der Bezahlung. Die Schulministerin macht fehlende Ausbildungskapazitäten an den Universitäten für den Lehrermangel verantwortlich. Es seien schlicht zu wenige Studienplätze für künftige Grundschullehrer und Sonderpädagogen vorhanden. „Selbst wenn wir morgen die Besoldung anheben würden, würde dies nicht übermorgen zur Besetzung der offenen Stellen führen“, argumentierte Gebauer.
NRW lenkt umstrittene Inklusion in neue Bahnen
Bei der umstrittenen Inklusion greift zum neuen Schuljahr ein neues Konzept. Der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Handicap wird fortan an „Schulen des Gemeinsamen Lernens“ gebündelt. Unter den Schulformen, die sich dazu bereitgefunden haben, sind landesweit 286 Gesamt-, 214 Real- und 139 Hauptschulen, aber nur 35 Gymnasien. Für das gemeinsame Lernen gelten dabei erstmals Standards: Wenn in einer Klasse mit 25 Schülern drei Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sitzen, bekommt die Schule eine halbe Lehrerstelle zusätzlich.
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„Wir lenken die Inklusion in geordnete Bahnen“, sagte Gebauer. Den Prognosen des Schulministeriums zufolge werden ab kommender Woche rund 6800 neue Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen unterrichtet. Parallel ist unter der neuen Landesregierung das Förderschul-Sterben gestoppt worden. Landesweit gib es 473 Förderschulen, eine weniger als im Vorjahr. Da unter der rot-grünen Vorgängerregierung der Inklusionsquote große Bedeutung zugemessen wurde, mussten zwischen 2014 und 2017 aus Personal- und Schülermangel 140 Förderschulen aufgeben.
Die SPD-Opposition sprach bei Gebauers Konzept dagegen von einer „Mogelpackung“. Der Personalschlüssel der Landesregierung könne nicht aufgehen, da sonderpädagogische Lehrkräfte fehlten. Die Gewerkschaft VBE kritisierte, dass sich die Gymnasien weitgehend aus der Integration behinderter Kinder verabschieden konnten: „Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und demzufolge eine Verpflichtung, die von allen Schulen mitgetragen und gestaltet werden muss“, erklärte VBE-Landeschef Stefan Behlau.