In Slowenien wird ein Duisburger aufgrund eines türkischen Haftbefehls festgenommen. Grüne kritisieren, dass Ismet Kilic nicht gewarnt wurde.

Es waren schöne, entspannende Urlaubstage, die Ismet Kilic mit seiner Frau, den beiden Kindern und einer befreundeten Familie in Kroatien verbracht hatte. Die Urlaubsidylle findet ein jähes Ende an einem Grenzübergang vierzig Kilometer entfernt von der slowenischen Kleinstadt Koper. Kilic wird aus heiterem Himmel von seiner Vergangenheit eingeholt und verhaftet. Gegen ihn läge ein türkischer Haftbefehl heißt es. Jetzt sitzt der Duisburger seit zehn Tagen in Untersuchungshaft, und seine Familie und Freunde versuchen verzweifelt, ihn dort herauszuholen.

Rückblende: In den neunziger Jahren arbeitet Ismet Kilic als staatlicher Veterinär in Ankara. Für Beamte gibt es damals in der Türkei keine Gewerkschaft. Kilic und einige Mitstreiter gründen eine, setzen sich für Menschenrechte ein. Dem Staat ist das politische Engagement des Kurden ein Dorn im Auge. Immer wieder wird Kilic festgenommen. Schließlich wirft ihm die Justiz vor, Mitglied der linksextremistischen Organisation Dev-Sol zu sein, was laut Kilic Unfug ist. Terrorunterstützung ist auch in der heutigen Türkei ein beliebter Vorwurf, um Kritiker mundtot zu machen und wegsperren zu können.

Seit 2008 deutscher Staatsbürger

Kilic wird der Prozess gemacht, er wird zu 15 Jahren Haft verurteilt, die später auf siebeneinhalb Jahre reduziert werden. Er geht nicht ins Gefängnis, sondern flieht nach Deutschland. 1997 war das. Kurze Zeit später wird er als politisch Verfolgter anerkannt und erhält Asyl. 2008 wird Kilic deutscher Staatsbürger. Der türkische Staat entlässt ihn nicht aus seiner ursprünglichen Staatsbürgerschaft. Kilic arbeitet in Deutschland als Altenpfleger, wird Chorleiter, gründet ein Taxi-Unternehmen, heiratet, wird Vater. Ein normales, ruhiges Leben.

„Wir haben Urlaub in Malta, Griechenland, in Frankreich und in Zypern gemacht. Nie wollte jemand etwas von Ismet wissen“, erzählt seine Frau Nurgül. Sie sitzt mit einem Freund im Wohnzimmer ihrer Duisburger Doppelhaushälfte, die vergangenen Tage haben sie viele Nerven gekostet. Offenbar gab es ein Auslieferungsersuchen der Türkei, eine sogenannte Red Notice. „Die Beamten in Slowenien haben gesagt, dass Ismet von Interpol gesucht wird.“

Schon früher Festnahmen von Deutsch-Türken

Kilic ist nicht der erste Deutsch-Türke, der wegen eines türkischen Auslieferungsersuchen im Ausland festgenommen wurde. 2017 traf es den Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli in Spanien, im vergangenen Jahr den Bonner Mehmet Y. in Bulgarien. Beide wurden nicht an die Türkei ausgeliefert, saßen aber für Wochen in Haft.

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Nach der Festnahme Akhanlis hatte Landesinnenminister Herbert Reul im September 2017 im Landtag zugesichert, alle türkischen Auslieferungsersuchen überprüfen und Betroffene nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft informieren zu lassen. „Reul muss erklären, warum dies im Fall des Duisburgers Ismet Kilic nicht erfolgt ist“, fordert die integrationspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Berivan Aymaz. Dazu würden die Grünen auch einen Bericht für den Innenausschuss beantragen.

Noch kein Besuch von einem Vertreter Deutschlands

Im Duisburger Wohnzimmer klingelt plötzlich das Telefon. Es ist Ismet. Seine Frau erzählt ihm den Stand der Dinge, und von der Welle der Hilfsbereitschaft, die angerollt ist, seit seine Festnahme publik geworden ist. Freunde, Bekannte, Politiker, viele Menschen haben sich solidarisch erklärt. Es gehe ihm den Umständen entsprechend gut, sagt der 54-Jährige. Er sitzt in einer kleinen Zelle, hat zwei Stunden täglich Hofgang. „Nachmittags nach dem Essen darf ich 20 oder 30 Minuten telefonieren. Das gibt mir Kraft und Freude.“

Auf die deutsche Botschaft ist Kilic allerdings nicht gut zu sprechen. „Ich fühle mich allein gelassen“, sagt er. Besuch aus der deutschen Botschaft in Ljubljana hat er noch nicht bekommen, die von den slowenischen Behörden angeforderten Unterlagen, etwa den Asylbescheid von 1997, musste seine Frau über Anwälte besorgen. Das Auswärtige Amt verweist darauf, dass Kilic konsularisch betreut werde.

Familie hofft auf einen guten Ausgang

Ismet Kilics Frau und seine Freunde hoffen darauf, dass er bald wieder in Freiheit sein wird. Aber bereits die Festnahme war ein Schock für alle Beteiligten. „Die Frage ist besonders, was für einen Knacks unsere Kinder bekommen haben“, sagt Nurgül. Und Ismet Kilic sind einige Tage seines Lebens gestohlen worden. Mindestens.