Essen. Hochschulkreise äußern den Verdacht, dass Bochum für die Batterieforschung in Münster geopfert wurde. Landesregierung weist die Vorwürfe zurück.

Die Ruhr-Universität Bochum wirft der Landesregierung vor, sich im Exzellenz-Wettbewerb nicht ausreichend für die Universitäten in NRW eingesetzt zu haben. Dass in Baden-Württemberg von sechs Bewerber-Unis vier den Zuschlag erhalten haben, in Nordrhein-Westfalen aber nur zwei von fünf, sei wissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Hochschulangehörige verweisen in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung der Bundesregierung für Münster als Standort für eine Forschungsfabrik für Batteriezellen. Einige vermuten eine politische Verabredung im Hintergrund des wissenschaftlichen Auswahlverfahrens. „Wurde Bochum geopfert, weil Münster die Batterieforschung bekommen hat?“, fragt Jörg Bogumil, bundesweit renommierter Professor für Öffentliche Verwaltung, Stadt- und Regionalpolitik an der Ruhr-Uni Bochum. Ähnlich gelagerte Zweifel äußerten auch Teile der Hochschulleitung.

Ruhr-Uni: Wir lagen klar vor Köln und Münster

Nahrung erhält diese Kritik durch interne Informationen, wonach offenbar bereits einen Tag vor der entscheidenden Sitzung des Auswahlgremiums festgestanden habe, dass NRW nur zwei Exzellenz-Universitäten erhalten wird. Die Landesregierung hatte sich im Vorfeld sehr für den Aufbau der Batterieforschung in Münster stark gemacht. Sie wird vom Bund mit einer halben Milliarde Euro gefördert – weit mehr, als für die Exzellenz-Unis fließen. Insgesamt erhalten sie jährlich knapp 150 Millionen Euro.

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Am Freitag hatte das Entscheidungsgremium im Exzellenzwettbewerb für Spitzenforschung, zu dem neben 39 internationalen Wissenschaftlern die 16 zuständigen Wissenschaftsminister der Länder sowie Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) gehörten, die bundesweit elf Sieger-Unis aus insgesamt 19 Bewerbern offiziell bekanntgegeben. In Nordrhein-Westfalen erhielten Bonn und Aachen den begehrten Titel. Beworben hatten sich zudem Köln, Münster und Bochum. Nach Ansicht von Insidern habe Bochum klar vor Köln und Münster gelegen. Hätte Baden-Württemberg drei statt vier Exzellenz-Universitäten gewonnen, wäre Bochum zum Zuge gekommen, heißt es. „Wir finden es extrem bedauerlich, dass in NRW nur zwei Unis dabei sind“, hatte Bochums Rektor Axel Schölmerich nach der Entscheidung gesagt. „Das halten wir für eine erstaunliche Entwicklung.“

Landesregierung: Wir haben uns für alle Bewerber eingesetzt

Die Landesregierung weist die Vorwürfe aus Bochum entschieden zurück. Sie habe die Bewerbung der fünf NRW-Unis „mit aller Kraft unterstützt“, teilte ein Ministeriumssprecher mit. Ministerpräsident Armin Laschet und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen hätten die wissenschaftliche Begutachtung an allen Standorten persönlich begleitet. „Aufgrund des einmütigen Votums der Wissenschaft gab es keine Grundlage für eine davon abweichende politische Bewertung“, so das Ministerium.

Karliczek seit Wochen in der Kritik

Axel Schölmerich, Rektor der Ruhr-Uni Bochum, sieht seine Uni trotz des verpassten Titels auf dem richtigen Weg.
Axel Schölmerich, Rektor der Ruhr-Uni Bochum, sieht seine Uni trotz des verpassten Titels auf dem richtigen Weg. © FFS | Foto: Ralf Rottmann

Für die Vergabe der Batterieforschung nach Münster steht Bundesbildungsministerin Karliczek seit Wochen in der Kritik. Nicht nur, weil sie dadurch ihren nahe gelegenen Wahlkreis begünstige. Zudem sei die inhaltliche Begründung nicht transparent, denn Experten hatten Ulm als besten Standort vorgeschlagen.

Hat sich die Bundesbildungsministerin über das Votum der Gutachter hinweggesetzt? Und wenn ja, warum? Dazu sagt die CDU-Politikerin bisher nichts. Karliczek muss sich daher an diesem Mittwoch in einer Sondersitzung des Bundesforschungsausschusses den Fragen von Grünen, Linken und der FDP stellen. Die Ministerin habe dafür zu sorgen, „dass der Entscheidungsweg öffentlich nachvollziehbar wird“, forderte Grünen-Abgeordnete Margit Stumpp.

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Für Bochum und das Ruhrgebiet sei das Resultat des Exzellenz-Wettbewerbs extrem bitter, so Bogumil. In anderen Bundesländern seien die Unis von ihrer Landesregierung stärker unterstützt worden.

Wissenschaftsrat: Entscheidungen waren einstimmig

Die ausführenden Organisationen des Wettbewerbs, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat, betonen indes, dass die Auswahl der elf Sieger-Unis allein nach streng wissenschaftlichen Kriterien erfolgt sei. Erst am Ende des strengen Auswahlverfahrens kommen die Landesminister und der Bund ins Spiel. Das wissenschaftliche Auswahlgremium habe die elf Sieger den Ministern vorgeschlagen. Diese seien den Empfehlungen einstimmig gefolgt, teilt der Wissenschaftsrat auf Anfrage mit.

Bochums Rektor Axel Schölmerich schaut indes wieder nach vorn: „Den eingeschlagenen Weg werden wir fortsetzen.“