Düsseldorf. Im wochenlangen Streit um die Auftragsvergabe ohne Wettbewerb an eine FDP-Spenderin ist es zu einer überraschenden Wende gekommen.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hat im Streit um die Vergabe eines digitalen Grundschul-Projekts an eine FDP-nahe Unternehmerin nach wochenlanger Kritik überraschend eingelenkt. Sollte die „Mobile Digitalwerkstatt“, die seit Herbst 2018 als rollendes Klassenzimmer alle Grundschulamtsbezirke in NRW bereist, auch im kommenden Jahr fortgesetzt werden, wolle das Schulministerium den Auftrag hierfür öffentlich ausschreiben, kündigte Gebauer am Freitag an.

„Es ist gut, dass Ministerin Gebauer nach der umstrittenen Projektvergabe endlich die Reißleine gezogen hat, indem sie das Projekt wie von uns gefordert neu ausschreibt“, erklärte Grünen-Schulexpertin Sigrid Beer. SPD-Fraktionsvize Jochen Ott sprach von einem „überfälligen Schritt“. Viel zu lange habe das Schulministerium versucht, eine „dubiose Vergabe“ zu verteidigen. Die Opposition vermutet, dass einer parteinahen Unternehmerin ein attraktiver Marktzugang für Digital-Produkte zu Lehrern und Eltern verschafft werden sollte.

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Der Auftrag für den Labor-Truck war ohne Ausschreibung an die Haba Digital GmbH gegangen. Geschäftsführerin der Firma ist Verena Pausder, die dem Wirtschaftsforum der FDP angehört. Laut Bundestagsdrucksache 18/13502 hat Pausder der FDP am 10. August 2017 eine Spende über 50.100 Euro überwiesen.

„Es ist gut, dass Ministerin Gebauer die Reißleine gezogen“

Ministerin Gebauer hatte Vorwürfe der liberalen Vetternwirtschaft energisch zurückgewiesen. Man sei vielmehr bei einer „Markterkundung“ zum Schluss gekommen, dass Haba Digital als einziger Anbieter für die Mobile Digitalwerkstatt in Frage komme. Eine europaweite Ausschreibung sei deshalb nicht notwendig gewesen. In einer früheren Vorlage für den Schulausschuss im März hatte Gebauer noch argumentiert, das Auftragsvolumen von zunächst 600.000 Euro habe unter dem EU-Schwellenwert von 750.000 Euro gelegen und deshalb keine Ausschreibungspflicht ausgelöst.

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Mehrere Start-Ups und Digital-Initiativen hatten das intransparente Verfahren in einem offenen Brief an Gebauer moniert. Auch drei NRW-Hochschulen sollen sich bereit erklärt haben, das Digitalprojekt zu stemmen. Zudem war bekannt geworden, dass das Medienzentrum des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) intern zu einer Ausschreibung des Projekts gedrängt hatte. Eine Koppelung des Haba-Firmenlogos mit einem Signet des Schulministeriums in einer Elterninformation wurde erst nach Protesten der Opposition unterbunden.

Das Schulministerium erklärte am Freitag, dass der Vertrag mit Haba Digital im Oktober wie vorgesehen auslaufen werde. Die Option einer Ausschreibung für den Fall einer Fortsetzung der „Mobilen Digitalwerkstatt“ auch 2020 habe immer bestanden, sofern andere Anbieter des Labor-Trucks aufträten.