Düsseldorf. In der Aufarbeitung der “Hacker-Affäre“ müssen sich Ministerpräsident Armin Laschet und zwei Minister heute unangenehmen Fragen stellen.
NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hat am Montag im Landtag bestritten, in der so genannten "Hacker-Affäre" um Ex-Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking (CDU) Einfluss auf die Staatsanwaltschaft genommen zu haben. Biesenbach hatte den ermittelnden Oberstaatsanwalt Markus Hartmann Ende März 2018 just in dem Moment angerufen, als dieser zu einem Ortstermin auf dem Hof der Ministerin war. „Das war Zufall. Ich wusste nicht, dass Hartmann zu diesem Zeitpunkt auf dem Hof war. Der Anruf war spontan, der Grund dafür war harmlos“, sagte Biesenbach als Zeuge im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Hacker-Affäre im Landtag.
Die Opposition vermutet, dass der Justizminister bei dieser Gelegenheit Druck auf den Staatsanwalt ausgeübt haben könnte, um persönlich in die Aufklärung der Hacker-Affäre einzugreifen, womöglich um die Aufklärung zu verzögern. „Solch ein Denken – die Einflussnahme – ist mir fremd“, betonte Biesenbach. Er habe von dem Staatsanwalt - aus reiner Neugier - erfahren wollen, wie ein solcher Hacker-Angriff technisch überhaupt möglich sei.
"Staatsanwaltschaft hat weiter ermittelt"
An diesem 29. März war durch die Ermittler praktisch schon bestätigt worden, dass es nie eine Hacker-Attacke auf die Ministerin gab. Einen Anlass für die Regierung, die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten, gab es nach Einschätzung von Peter Biesenbach dennoch nicht. „Die Botschaft der Staatsanwaltschaft war immer: Wir ermitteln noch.“ Die Landesregierung habe damals mit einem „zügigen Abschlussbericht“ der Staatsanwaltschaft gerechnet. Und die Familie Schulze-Föcking sei noch Mitte April davon überzeugt gewesen, Opfer von Hackern zu sein. Die Familie hat wiederholt dargestellt, dass sie bedroht worden war.
Der Untersuchungsausschuss beschäftigt sich mit der Frage, ob die Landesregierung nach dem vermeintlichen Hacker-Angriff auf die damalige NRW-Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking (CDU) am 15. März 2018 die Öffentlichkeit bewusst getäuscht oder Einfluss auf die Ermittlungen von Polizei und Justiz genommen hat. Die Ministerin hatte in ihrer Wohnung plötzlich eine Videosequenz auf ihrem Fernseher gesehen, die sie selbst bei einer Landtags-Rede zeigte. Sie vermutete einen Angriff von außen auf ihr Heim-Netzwerk und rief die Polizei.
Vorschnell abgegebene Presseerklärung
Regierungssprecher Christian Wiermer hatte schon am Tag nach dem Hacker-Angriff, der keiner war, eine Presseerklärung herausgegeben, wonach es „von bisher unbekannter Seite Versuche gegeben hat, auf persönliche Daten der Ministerin zurückzugreifen. Mindestens teilweise waren diese Versuche demnach auch erfolgreich.“
Tatsächlich gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine belastbaren Erkenntnisse, ob ein Angriff vorlag. Die angebliche Cyber-Attacke stellte sich schon am 29. März als simpler Bedienfehler im Hause Schulze Föcking heraus. Die Öffentlichkeit und das Landesparlament erfuhren aber erst sechs Wochen später von den Ermittlungsergebnissen.
Laut Biesenbach war Zurückhaltung bei der Veröffentlichung der für die Familie Schulze Föcking unangenehmen Ergebnisse geboten, weil die Ermittlungen Ende März noch nicht abgeschlossen waren. „Die hohe Fachkompetenz lag bei der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime bei der Staatsanwaltschaft Köln“, sagte er. Und die habe noch wochenlang nicht vollständig ausschließen können, dass sich Kriminelle ins Heim-Netzwerk der Ministerin gehackt hatten.
Einflussnahme käme "politischem Selbstmord" gleich
Der Vorwurf der Einflussnahme auf die Staatsanwaltschaft sei vollkommen abwegig, behauptete Biesenbach. "Wer telefonisch Einfluss nimmt auf eine Sache, die öffentlich so hochbrisant ist, der hat auch Interesse an politischem Selbstmord." Ermittler in dieser Qualität könne man gar nicht beeinflussen. "Für diese Staatsanwälte wäre das eine Beleidigung. Das liegt mir fern."