Düsseldorf. Im U-Ausschuss zur „Hacker-Affäre“ um Ex-Umweltministerin Schulze Föcking wird ein Oberstaatsanwalt befragt. Er bekam einen ungewöhnlichen Anruf.

Im Untersuchungsausschuss des Landtags zur „Hacker-Affäre“ um Ex-Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) kommt es an diesem Montag zur mit Spannung erwarteten Vernehmung von zwei für Cyber-Sicherheit zuständigen Oberstaatsanwälten. Dabei geht es um die Frage, ob Justizminister Peter Biesenbach (CDU) Einfluss auf die Ermittlungen genommen und einen eigentlich abgeschlossenen Fall aus politischen Grünen künstlich in die Länge gezogen hat.

Anruf des Ministers beim Ortstermin

Der Justizminister hatte Oberstaatsanwalt H. am 29. März während eines Ortstermins auf dem Bauernhof der Familie Schulze Föcking persönlich angerufen. H. erläuterte gerade mit Experten des Landeskriminalamts (LKA) der ehemaligen Ministerin die beabsichtigte Einstellung des Verfahrens. Danach wurde doch noch wochenlang weiter ermittelt.

"Es ist ungewöhnlich, einen Oberstaatsanwalt persönlich anzurufen"

„Es ist an sich schon ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, dass ein Justizminister direkt zum Telefonhörer greift, um sich bei einem Oberstaatsanwalt über laufende Ermittlungen informieren zu lassen. So etwas nicht zu tun, gehört zum kleinen Einmaleins“, sagt SPD- Fraktionsvize Sven Wolf.

Schon nach wenigen Tagen ist klar: Es gab keinen Hacker-Angriff

Im Steinfurter Privathaus Schulze Föckings soll am Abend des 15. März 2018 aus unerklärlichen Gründen auf dem Fernseher die Sequenz einer Landtagsfragestunde abgespielt worden sein. Die Ministerin war damals bereits schwer angeschlagen, weil dem Schweinemast-Betrieb ihrer Familie Tierschutz-Verstöße vorgeworfen werden. Die 42-Jährige witterte einen digitalen Angriff und rief die Polizei.

Ermittler widersprachen Darstellung der Staatskanzlei

Bereits am nächsten Tag um 12.17 Uhr veröffentlichte Regierungssprecher Christian Wiermer unter Berufung auf „Ermittlungsbehörden“ eine Pressemitteilung. Darin ist die Rede von Versuchen, auf persönliche Daten der Ministerin zuzugreifen. „Mindestens teilweise waren die Versuche demnach auch erfolgreich“, formulierte Wiermer und verurteilte gleich „die offenkundig kriminellen Eingriffe in die Privatsphäre der Ministerin aufs Schärfste“.

Opposition: Aus politischen Gründen aufgebauscht

Im Untersuchungsausschuss haben Experten von Polizei und Staatsanwaltschaft bereits klar gemacht, dass es für diese Darstellung der Staatskanzlei keinerlei seriöse Grundlage gab. Die Opposition vermutet, dass ein Vorgang bewusst aufgebauscht werden sollte, um eine trudelnde Ministerin öffentlich als Opfer darzustellen.

Schulze Föcking wollte nicht einsehen, dass die Mutter sich "verdrückt" hat

Bereits am 19. März waren die Spezialisten der Cybercrime-Staatsanwaltschaft Köln (ZAC) nämlich sicher, dass gar keine Straftat vorlag, sondern bloß ein Familienmitglied einen Bedienfehler gemacht haben musste. Es wurde vermutet, dass sich Schulze Föckings Mutter, die ebenfalls auf dem Hof lebt, schlicht auf dem Ipad „verdrückt“ hat. Die Öffentlichkeit erfuhr von dem banalen Ausgang jedoch erst am 7. Mai.

Es wurde noch wochenlang weiter ermittelt

Oberstaatsanwalt H. und sein Vorgesetzter sollen nun an diesem Montag aussagen, inwieweit Justizminster Biesenbach Einfluss auf die Ermittlungen genommen hat. Als H. mit LKA-Experten am Abend des 29. März bei einem Ortstermin Schulze Föcking erklärte, dass man die Ermittlungen einstellen werde, habe sie dies nicht einsehen wollen. Sie habe „deutliche Gefühlsregungen“ gezeigt, sagte ein LKA-Vertreter aus. Noch auf dem Hof wurde Oberstaatsanwalt H. von Biesenbach persönlich angerufen. Zufall? Anschließend nahmen die Ermittler technische Geräte der Familie Schulze Föcking doch noch einmal zu weiteren Untersuchungen mit.

Minister will sich nur über den Stand der Ermittlungen informiert haben

Das Justizministerium hat erklärt, der Minister habe sich fernmündlich „über den aktuellen Sachstand der Ermittlungen informieren lassen“. Allerdings war nach der Aktenlage Biesenbach am selben Tag auch über den regulären Dienstweg über die bevorstehende Einstellung informiert worden. „Es stellt sich die Frage, ob hier politisch Einfluss auf die Ermittlungen genommen wurde“, sagt SPD-Mann Wolf.